TECHNISCHE ANALYSE

Was bringt ein neuer Präsident in den USA?

Von Christoph Geyer *) Börsen-Zeitung, 21.10.2015 Um es gleich vorwegzunehmen: Weder die in der Überschrift gestellte Frage kann hier beantwortet werden noch die Frage, wer denn am Ende die Nase vorne haben wird. Spannend dürfte es im nächsten Jahr...

Was bringt ein neuer Präsident in den USA?

Von Christoph Geyer *)Um es gleich vorwegzunehmen: Weder die in der Überschrift gestellte Frage kann hier beantwortet werden noch die Frage, wer denn am Ende die Nase vorne haben wird. Spannend dürfte es im nächsten Jahr aber allemal werden. Auch wenn zunächst die Kandidatenfrage geklärt werden muss, hat die Börse bereits eine Antwort auf die Frage nach dem typischen Verlauf im anstehenden Präsidentschaftswahljahr. Nach dem Präsidentschaftswahljahreszyklus kann nämlich eine statistische Wahrscheinlichkeit definiert werden. Nach dieser Statistik hat es der Dow Jones in der ersten Jahreshälfte zunächst recht schwer. Einem misslungenen Jahresauftakt folgt meist ein Erholungsversuch bis in den April, ehe der Index bis Ende Mai deutlich an Boden verliert. Dann allerdings zeigt der Zyklus-Chart einen kräftigen Anstieg bis zum Jahresende an. Der übliche Herbst-Blues, den wir auch in diesem September gesehen haben, darf dabei natürlich nicht vergessen werden.Wer in den vergangenen Jahren auf diese zyklische Wahrscheinlichkeit gehandelt hatte, konnte sich nicht unbedingt einer guten Performance erfreuen. Der Zyklus allein stellt nämlich keine Kaufsignale zur Verfügung. Zudem finden noch weitere Zyklen statt, die berücksichtigt werden müssen. Inzwischen viel beachtet wird der Dekaden-Zyklus. Er berechnet den typischen Verlauf eines Jahres innerhalb einer Dekade. So gilt z. B. ein Jahr, das auf eine 5 endet, als gutes Börsenjahr. In diesem Jahr konnte dieses Verhalten nur beim Dax beobachtet werden. Der Dow Jones hingegen bewegt sich seit Jahresbeginn in einer ausgeprägten Seitwärtsrange und kam sogar im August kräftig unter die Räder.Für das Jahr 2016 signalisiert der Dekadenzyklus ein volatiles Seitwärtsjahr. Gemeinsam mit dem Präsidentschaftswahlzyklus sollte aber auch hier ein freundlicher Jahresausklang erwartet werden. Der aktuelle Blick auf die US-Märkte soll trotz der zyklischen Betrachtung nicht zu kurz kommen.Beim Dow sah der Jahresbeginn recht vielversprechend aus. Seit Mitte Oktober 2014 stieg der Index kontinuierlich an und vollzog dann eine mustergültige Korrekturbewegung. Die anschließende Jahresendrally konnte dann ein neues Top generieren. Auch der durchwachsene Januar lag nach der Dow-Theorie noch im Rahmen des Erlaubten, da der Index nicht auf ein neues Tief gefallen war. Selbst die Februar-Entwicklung stand mit dem neuen Top noch immer für ein positives Börsenjahr. Danach konnte der Index aber keine weitere Dynamik entwickeln und tendierte bis zum Juli seitwärts.Der nachlassende Aufwärtsdruck im Sommer zeigte aber bereits an, dass der Seitwärtstrend kaum zu halten sein würde. Die jeweils tieferen Tops und tieferen Tiefs deuteten dann an, dass sich die Abwärtsbewegung beschleunigen könnte. Ein derart heftiger Absturz wie im August war aus dieser Analyse gleichwohl nicht zu erwarten. Diese Schwächephase konnte nach dem Ausverkaufstag dann aber schnell negiert werden und mündete erneut in einer Seitwärtspendelbewegung, die auf dem niedrigeren Niveau eine Bodenbildung darstellte. Dass die Korrekturbewegung im September dieses Jahres kein neues Tief generiert hat, stellt bereits ein positives Zeichen dar. Der aktuell laufende Oktober war dann für den mutigen Anleger, der Ende September eingestiegen ist, bislang ein recht goldener. Trotzdem dürfte die Jahresendrally noch nicht unbedingt ausgemachte Sache sein. Zu viele Marktteilnehmer diskutieren bereits über einen solchen freundlichen Jahresschluss, weshalb noch einmal mit Turbulenzen zu rechnen sein wird.Beim breiter gefassten S & P 500 sei an dieser Stelle ein Blick auf den längerfristigen Trend erlaubt. Der Index bewegt sich seit 2009 in einem Aufwärtstrend und konnte trotz zwischenzeitlicher Rückschläge, wie im Jahr 2011 oder der tendenziellen Seitwärtsphase im Jahr 2010, immer wieder neue Tops generieren, ohne den Trend nachhaltig zu brechen. In diesem Jahr ist die Aufwärtsdynamik erneut verloren gegangen. Trendlinie durchbrochenZudem wurde die Aufwärtstrendlinie gebrochen. Auch wenn diese Entwicklung zunächst Besorgnis hervorrufen dürfte, kann doch einiges Positives beobachtet werden. So wurde mit der jüngsten Abwärtsbewegung das letzte signifikante Tief von 2014 nicht unterschritten. Nach der Dow-Theorie ein klares Zeichen gegen einen Trendbruch. Der MACD-Indikator, der im Langfristchart auf Wochenschlusskursen berechnet wird, steht kurz vor einem Kaufsignal. Somit würde eine Jahresendrally das Indikatoren-Kaufsignal generieren und damit die Chance eröffnen, dass ein Anstieg bis in den Bereich des Seitwärtstrends vom Sommer dieses Jahres möglich wird. Der technische Analyst sucht, wie bekannt, immer nach Signalen und muss sich entsprechend auf diese einstellen. Derzeit steht die Erwartung noch auf tönernen Füßen. Wenn die Jahresschlussrally doch ausfallen sollte und entsprechend kein Kaufsignal beim MACD-Indikator generiert wird, ist man gut beraten, wenn man mit einem engen Stopp arbeitet. Ein funktionierendes Geldmanagement anzuwenden, sollte inzwischen eine Selbstverständlichkeit darstellen. Dies ist umso wichtiger, als man die Chancen im Präsidentschaftswahljahr der USA ja nutzen möchte, und dies ist natürlich nur mit einem Konto möglich, welches nicht durch unkontrollierte Spekulationen ruiniert wurde.—-*) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.