Devisenwoche

Wie wahrscheinlich ist die BRICS-Alternative zum Dollar?

Die BRICS-Staaten nehmen einen neuen Anlauf, um sich vom Dollar zu lösen und eine neue Reserve- und Handelswährung einzuführen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

Wie wahrscheinlich ist die BRICS-Alternative zum Dollar?

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Wie wahrscheinlich ist die BRICS-Alternative zum Dollar?

Von Xueming Song *)

Das Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) soll vom 22. bis zum 24. August in Johannesburg stattfinden. Einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte: Überlegungen in Richtung einer gemeinsamen Währung. Schon mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hatte eine intensive Diskussion über den Status des Dollar eingesetzt und der Trend zur „De-Dollarization“ hatte sich verstärkt. Als der brasilianische Präsident Lula da Silva dann im April 2023 in Shanghai feststellte, dass die BRICS-Staaten eine neue Währung als Alternative zum Dollar bräuchten, erreichte die Diskussion eine neue Stufe.

Die BRICS-Staaten machen rund 42% der Weltbevölkerung aus, ihr Anteil am globalen Sozialprodukt liegt bei etwa 23%, am globalen Handel beläuft er sich auf ungefähr 18%. Da zahlreiche weitere Länder wie Saudi-Arabien oder Kasachstan dieser Gruppe beitreten wollen, hat die Meinung der BRICS-Staaten durchaus Gewicht in der Welt.

Der Dollar hat als Reservewährung 2022, wie schon in den Jahren zuvor, an Bedeutung verloren. Vor allem die großen Schwellenländer haben ihre Dollar-Reserven diversifiziert in Schwellenländerwährungen oder Gold. Nach den Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) liegt der Anteil des Dollar an den globalen Reserven bei rund 59%, vor dem Euro mit etwa 20% und dem Renminbi mit ungefähr 5%. Die dominante Rolle des Dollar ist trotz der Veränderungen also immer noch ausgeprägt. Wie können die BRICS-Staaten eine neue Währung schaffen, die den Dollar herausfordern soll? Wie müsste diese Währung beschaffen sein, damit sie die Rolle ausfüllen kann?

Vorwegzunehmen ist, dass keine Währung dem Dollar auf absehbare Zeit die dominante Rolle streitig machen kann, da der Westen mit einem Anteil am globalen Sozialprodukt von rund zwei Dritteln den Dollar unterstützt. Möglich wäre es, eine Währung zu schaffen, die nicht vom Westen kontrolliert wird. Dabei wäre es einfach, eine Währung der BRICS-Staaten als eine dominante Währung aufzubauen, die weitestgehend von den Schwellenländern akzeptiert wird. Viel wahrscheinlicher ist es aber, eine neue Währung zu schaffen, die den Sonderziehungsrechten des IWF ähnelt. Eine Währung wie der Euro, mit weitreichender ökonomischer Integration, scheidet hingegen von vornherein aus. Die beiden ersten Möglichkeiten sollen daher nun näher betrachtet werden.

Heterogene Gruppe

Die BRICS-Staaten sind sowohl politisch als auch ökonomisch eine heterogene Gruppe. In Brasilien, Indien und Südafrika gibt es funktionierende Rechtssysteme mit geschütztem Eigentumsrecht, während dies in Russland und China wenig ausgeprägt ist. Diese politischen und rechtlichen Aspekte sind besonders wichtig, wenn man über Vertrauen in eine Währung spricht. Der Rubel beziehungsweise der Renminbi können daher kaum von allen BRICS-Staaten akzeptiert werden. Die Rupie, der Real oder der Rand wären besser geeignet.

Ökonomisch nimmt China eine dominierende Stellung unter den BRICS-Staaten ein: China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und Haupthandelspartner für die übrigen BRICS-Staaten. Der chinesische Finanzmarkt ist auch groß genug, um genügend Investitionsmöglichkeiten zu bietet. Die Rupie würde hier hinter dem Renminbi an die zweite Stelle treten. Außenpolitisch sind China und Indien jedoch Rivalen und es ist nicht abzusehen, wie diese beiden Länder zusammenkommen könnten.

Problem mit der Rupie

Aktuell akzeptiert Russland sowohl den Renminbi als auch Rupie als Zahlungsmittel im Handelsverkehr, wobei Russland sich zuletzt beschwert hat, dass die eingenommenen Rupien nicht ausgegeben werden könnten. Brasilien akzeptiert ebenfalls Renminbi im begrenzten Umfang im Handelsverkehr, das gilt aber nicht umgekehrt für China. Südafrika verwendet weitgehend noch den Dollar im Handelsverkehr mit den anderen BRICS-Staaten. Zusammengefasst lässt sich konstatieren, dass keine der BRICS-Währungen von allen anderen Ländern akzeptiert wird.

Die andere Möglichkeit wäre eine multinationale Währung über die New Development Bank. Die New Development Bank (NDB) wurde 2014 von den BRICS-Staaten gegründet, ihr Sitz ist Shanghai. Die Mitgliederzahl wurde seit 2021 um drei erweitert, hinzu kamen Bangladesch, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten. Ursprünglich sollte jeder Staat eine Stimme haben. Doch mit der Erweiterung gab sich die NDB fast die gleichen Statuten wie die Weltbank: jedes Land hat einen am Eigenkapital gemessenen Anteil an den Stimmrechten. Im Grunde genommen stellt die NDB damit eine Kopie der Weltbank dar, jedoch mit dem Unterschied, dass sie nicht vom Westen kontrolliert wird.

Auf dieser Plattform könnten die BRICS-Staaten bezüglich einer gemeinsamen Währung aufbauen. Es könnten die Funktionen des IWF integriert werden, so dass die NDB wie eine Kombination aus Weltbank und IWF fungieren würde. Der IWF hat eine Währung, eben jene Sonderziehungsrechte, die strenggenommen einen Währungskorb aus Dollar, Euro, Yen, Pfund Sterling und Renminbi darstellen. Es scheint so, dass die BRICS-Staaten bei der Diskussion über eine gemeinsame Währung auf diese Vorlage zurückgreifen könnten.

Da das System der Sonderziehungsrechte bisher weitestgehend funktioniert hat, ist davon auszugehen, dass solch eine Währung unter der NDB sogar besser laufen könnte, da die Probleme zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern nicht mehr existieren würden. Wie eine solche Währung beschaffen sein sollte, wird erst diskutiert werden, wenn sich die BRICS-Staaten wirklich zu solch einem Schritt entschließen sollten. Russland hat sich schon dahingehend geäußert, dass eine wie auch immer beschaffene Bindung zum Gold nicht von Nachteil wäre. Wenn die neue Währung auch für Zahlungs- beziehungsweise Investitionszwecke eingesetzt werden soll, so reicht der Status der Sonderziehungsrechte jedoch noch nicht aus. Gewisse normale Zentralbankfunktionen müssen auch geschaffen werden, die nicht einfach zwischen den Ländern zu vereinbaren wären. Unterschiedliche Aspekte müssen diskutiert werden, wie dies beispielsweise vor der Einführung des Euro geschehen ist.

Noch weiter Weg

Unter dem Strich bleibt also festzuhalten, dass aufgrund der Sanktionen gegen Russland viele Länder, die die Werte des Westens nicht teilen, Überlegungen anstellen, wie sie unabhängig vom Dollar oder vom Euro werden können. Die Bedenken gehen sogar so weit, dass viele Entwicklungsländer ihre physischen Goldreserven nach Hause transferieren, die zuvor in New York, London oder Paris lagerten, um sie dem Zugriff des Westens zu entziehen. Eine neue Währung wäre daher sicherlich ein Wunsch dieser Länder. Doch der Weg dahin könnte noch sehr weit sein.

*) Xueming Song ist Chief Currency Strategist der DWS.

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