IM INTERVIEW: SERGE DE CILLIA, LUXEMBURGER BANKENVERBAND

"Wir müssen innovativ sein"

Aufsicht CSSF schafft sämtliche Voraussetzungen für Emissionen von grünen Luxemburger Pfandbriefen

"Wir müssen innovativ sein"

Die Luxemburger Finanz- und Bankenaufsicht CSSF hat nun sämtliche Voraussetzungen für die Emission von den neuartigen grünen Luxemburger Pfandbriefen geschaffen, wozu unter anderem eine Beleihungswertverordnung gehört. Serge de Cillia, Chief Executive Officer (CEO) des Luxemburger Bankenverbandes ABBL, geht im Interview der Börsen-Zeitung auf Details dieser Voraussetzungen für diese innovative Anleiheform – die weltweit bislang einzige ihrer Art – ein. – Herr de Cillia, welchen Stellenwert räumen Sie Green Finance auf den internationalen Finanzmärkten angesichts von Klimawandel und Pariser Klimaabkommen in den kommenden Jahren ein?Das Thema wird von allen Beteiligten nationaler und europäischer Gremien in einer immer größeren Breite und Tiefe diskutiert. Es wird davon ausgegangen, dass die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien weiter steigen werden. 2017 betrugen die diesbezüglichen Investitionen mehr als 280 Mrd. Dollar. Das entsprach einem Plus von 2 % gegenüber 2016. Seit dem Jahr 2004 wurden insgesamt 2,9 Bill. Dollar in erneuerbare Energien investiert, wobei wir konstatieren müssen, dass wir bei dieser Entwicklung immer noch am Anfang stehen. Immer mehr einzelne Staaten und global ausgerichtete Organisationen nehmen sich dieses Themas an. In Europa ist das in erster Linie die Europäische Kommission mit ihrem Aktionsplan für Green & Sustainable Finance. Es geht dabei nicht nur um den Wachstumszweck allein, sondern eben um ein nachhaltiges und damit gesundes Wachstum dieses Marktes.- Das heißt konkret?Auf absehbare Zeit wird es einige neue Initiativen geben wie etwa eine Taxonomie. Dabei geht es um die Antwort auf die Frage, was denn als grün anzusehen ist. Es geht hier nicht um ein Greenwashing, sondern darum, dass die Substanz letzten Endes tatsächlich grün ist. Dabei geht es um die zu finanzierenden Assets. Des Weiteren sind Benchmarks in Vorbereitung, und es geht künftig auch um Angaben im Nicht-Finanzreporting von Unternehmen. Des Weiteren hat sich auch die Bankenaufsicht EBA des Themas ESG angenommen und arbeitet derzeit an entsprechenden Risikomanagementmodellen. Das fängt bei Klimarisiken an und geht hin bis zu Reputationsrisiken, wenn beispielsweise eine Bank das Thema nicht verfolgt und weiter nicht-ESG-konforme Finanzierungen vornimmt. Es geht auch um Sustainable Stress Testing.- Sehen Sie Innovationen bei Produkten?Ja, hier wird es neue Produkte im Fondsbereich, aber auch im Kreditbereich geben und natürlich auch bei den Covered Bonds, speziell also den grünen Pfandbrief. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass Steuervergünstigungen zum jetzigen Zeitpunkt hierbei kein vorrangiges Thema sind. Unterschiede machen wir natürlich auch hinsichtlich von Assets, die es zu fördern gilt, und solchen, für die eben keine Förderung, sondern eher eine Art Bestrafung in Frage kommen. Hier geht es also um Kapitaladäquanzregeln.- Im Windschatten von Green Finance entwickelt sich auch Sustainable Finance. Wie gestaltet sich dieser Markt für Sie im Vergleich zu Green Finance im Hinblick auf Investoren, Emittenten und Kapitalmarktprodukte?Investoren legen hierbei einen sehr großen Wert darauf, Produkte ausfindig zu machen, die in ihre Diversifikationsmodell passen. Die Investoren fordern auch immer mehr solche grünen und eben auch nachhaltigen Kapitalmarktprodukte – das ist klar erkennbar. Wir haben es dabei sehr häufig mit sehr jungen Menschen zu tun, die ein Interesse an solchen Sustainable-Produkten zeigen. Hierbei handelt es sich um die Millennials. Auch Pensionsfonds, die nicht selten einem politischen Druck ausgesetzt sind, sehen wir ebenfalls verstärkt als Nachfrager nach solchen Anlageformen auftreten. Es ist zudem sehr viel Cash im Umlauf, das hier für Investments in Frage kommt. Und nicht zuletzt ist es für die Fonds ein Thema, insbesondere auch am Luxemburger Finanzplatz. Investoren haben immer die Möglichkeit, direkt Gelder anzulegen oder über das Fondsvehikel zu gehen.- Zu welchen Anpassungen kommt es durch Green & Sustainable Finance auf den Finanzmärkten, und welche Innovationskraft entsteht am Kapitalmarkt dadurch?Henry Ford sagte einmal im Zusammenhang mit seinem Model T: Jeder bekommt die Farbe, die er will, solange es Schwarz ist. Natürlich können wir bei der Palette der alten Produkte bleiben. Aber diese Produkte wird dann irgendwann keiner mehr kaufen, da hilft auch ein anderer Anstrich nichts mehr. Wir müssen uns anpassen und innovativ sein. Da hilft eine gesunde Konkurrenz am Markt. Aber wichtig ist eben auch klarzustellen, was Sustainable letzten Endes heißt. In diesem Zusammenhang ist die Taxonomie der EU-Kommission entscheidend, die gerade erarbeitet wird. Es ist nämlich wichtig, dass wir am Markt dann alle die gleiche Sprache sprechen werden.- In Luxemburg wurde ein neues Anleihegesetz geschaffen, und zwar für den Lettre de gage énergies renouvelables, also den grünen Pfandbrief beziehungsweise den Pfandbrief der erneuerbaren Energien. Wodurch überzeugt das Gesetz die Emittenten und Investoren?Das Gesetz wurde im Juni vergangenen Jahres verabschiedet. Und seit Dezember 2018 gibt es auch die ausführenden Bestimmungen der Finanzaufsicht CSSF. Diese neue Lettre-de-gage-Form tritt neben die bestehenden Arten dieser Anleiheform. Hierbei geht es um Refinanzierung von Assets aus dem Bereich der erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen. Die Qualitätsmerkmale des Lettre de gage sind noch mal verstärkt worden. Es sind gedeckte Anleihen. Als Deckungswerte kommen Assets aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in Frage, und das in einem sehr weit gefassten Anwendungsbereich. Refinanziert werden Bankkredite, die für solche Assets ausgereicht wurden. Luxemburg ist das erste Land weltweit, das ein solches Gesetz nun auf den Weg gebracht hat. Und mit den Konkretisierungen seitens der CSSF stehen nun sämtliche rechtlichen Rahmenbedingungen für die Praxis fest. Wir müssen abwarten, wie sich der Markt jetzt emissionsseitig entwickeln wird.- Der grüne Pfandbrief bezieht sich auf die erneuerbaren Energien. Banken können hierüber Kredite, die in diesem Bereich vergeben wurden, refinanzieren. Welche Energiebereiche schließt das Gesetz ein?Das Gesetz beruht auf Artikel 2 (a) der EU Direktive 2009/28/EC und ist in dieser Hinsicht klar definiert. Wir sprechen hierbei ausschließlich von erneuerbaren nichtfossilen Energiequellen. Darunter fallen Wind, Solar, aero-, geo- sowie hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und etwa Biogas. Aus diesen Bereichen können die Deckungswerte für diesen neuen Pfandbrief kommen.- Und wie weit ist das Gesetz hinsichtlich der Wertschöpfungskette ausgelegt, in der die Assets/ Kredite sein dürfen?Für die refinanzierenden Banken ist es entscheidend, dass die Assets, die über diese neue Anleiheart refinanziert werden können, auf der gesamten Wertschöpfungskette der erneuerbaren Energien liegen dürfen, so dass es in dieser Hinsicht keinerlei Einschränkungen oder Diskussionen über eine entsprechende Deckungsstockfähigkeit geben wird. Das bedeutet: Es kommen Assets aus der Produktion solcher Energieträger, der Speicherung und des Transports derselben in Frage.- Die CSSF hat per Ende Dezember via Rundschreiben notwendige Konkretisierungen für die Kapitalmarktpraxis vorgenommen. Um was handelt es sich dabei im Einzelnen, und welche Bedeutung hat das?Es gibt eine Beleihungswertverordnung, Transparenzvorschriften und Treuhändervorschriften. Diese Rundschreiben wurden im Dezember 2018 veröffentlicht. Sie runden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Emission von grünen Luxemburger Pfandbriefen ab. Das ist also die Grundlage in der Praxis für Emissionen.- Was sind Eckpunkte der Beleihungswertverordnung?Analog zu anderen Deckungswerten wie Hypotheken oder Kredite an die öffentliche Hand enthalten auch Erneuerbare-Energien-Finanzierungen übliche Schuldnerrisiken. Das Gesetz blendet diese selbstverständlich nicht aus, sondern etabliert in zweierlei Hinsicht einen konservativen Risikoabschlag, der sich an anderen Covered-Bond-Gesetzen orientiert. Zum einen wird eine Beleihungsgrenze von restriktiven 50 % des erwarteten Veräußerungswertes etabliert, die nur dann schrittweise auf bis zu 80 % angehoben werden darf, wenn bestimmte Risikofaktoren – zum Beispiel die Bauphase – ausgeschlossen sind. Zum anderen stellt eine von der zuständigen Aufsicht CSSF veröffentlichte Beleihungswertrichtlinie eine konservative Wertermittlung sicher.- Woran orientiert sich die Fair-Value-Berechnung?Die Fair-Value-Berechnung der Erneuerbare-Energien-Projekte orientiert sich dabei an anerkannten internationalen Rechnungslegungsstandards wie zum Beispiel IFRS und IASB. Zudem enthält das Rundschreiben spezifische Anforderungen hinsichtlich Qualifikation und Unabhängigkeit des Gutachters, des Bewertungsprozesses und der Bewertungsfrequenz. “Sanity Checks” sowie hohe Anforderungen an die Transparenz und Dokumentation der verwendeten Bewertungsparameter gewährleisten die Nachvollziehbarkeit der Wertermittlung für den Treuhänder und die Aufsicht. Abgerundet wird das Paket durch einen sehr restriktiven Umgang mit leistungsgestörten Engagements. Sofern sich eine Leistungsstörung abzeichnet, kann das Engagement zwar im Deckungsstock verbleiben, wird aber bei der Deckungsrechnung nicht berücksichtigt. Der Schwellenwert wird dabei schon ab einem Rückstand von 1 % bezogen auf das Nominalvolumen der Forderung erreicht.- Was sehen die Transparenzvorschriften vor?Es müssen laufend umfassende Informationen zum Deckungsstock und den ausstehenden Pfandbriefen veröffentlicht werden. Die Finanzaufsicht ist dabei weiter gegangen, als es die EU-Anforderungen und auch das European Covered Bond Council vorsehen. Sollte es auf EU-Ebene aber noch zu weiteren Anforderungen kommen, dann werden diese noch in die Transparenzvorschriften integriert. Denn es ist ganz klar vorgesehen, im Markt sehr transparent zu sein.—-Das Interview führte Kai Johannsen.