IM INTERVIEW: FERNAND LEPAGE, LUXEMBURGER PENSIONSFONDS

"Wir sind ein langfristiger Anleger"

Breit diversifizierter Investmentansatz mit passiver und aktiver Ausrichtung - Rohstoffe aus ethischen Gründen ausgeschlossen - Grün und nachhaltig im Fokus

"Wir sind ein langfristiger Anleger"

Der Luxemburger Pensionsfonds legt das Geld an den internationalen Finanzmärkten an und fährt dabei einen breit diversifizierten Ansatz. Aktive und passive Stile kommen gleichermaßen zum Einsatz. Ausgeschlossen sind Investments in Rohstoffe. Grüne und nachhaltige Anlagen stehen klar im Fokus. Herr Lepage, wie hoch ist das verwaltete Vermögen des Luxemburger Pensionsfonds?Das Vermögen des Luxemburger Kompensationsfonds FDC – des sogenannten Fonds de compensation commun au régime général de pension – beläuft sich auf rund 22,5 Mrd. Euro. Wie ist der Anlagestil des Luxemburger Pensionsfonds, und wie hat er sich in den vergangenen Jahren verändert?Rund 95 % des Vermögens werden mittels eines eigenen Investmentfonds – eine Investmentgesellschaft mit variablem Grundkapital-Spezialfonds – auf den internationalen Finanzmärkten angelegt. Der Fonds besteht aus 24 Teilfonds, welche von verschiedenen Portfoliomanagern nach verschiedenen Kriterien bewirtschaftet werden. Etwa 50 % des Vermögens werden passiv betreut, das heißt, die verantwortlichen Portfoliomanager haben den Auftrag, den jeweiligen Referenzindex in den ihnen anvertrauten Portfolios nachzubilden. Die anderen 50 % werden von den Portfoliomanagern aktiv nach ihrem eigenen Stil verwaltet, und diese versuchen so, einen Mehrwert gegenüber dem jeweiligen Referenzindex zu erzielen. Eine solche gleichmäßige Aufteilung wurde strategisch festgehalten, genauso wie das erwartete Rendite- und Risikoprofil. Und was passiert mit den restlichen 5 %?Das 5-Prozent-Vermögen außerhalb des Fonds besteht größtenteils aus Direktimmobilien in Luxemburg und dem Restwert von verschiedenen Krediten, welche früher an Betriebe oder Versicherte der Rentenkasse vergeben wurden. Dieses Vermögen wird direkt vom FDC verwaltet. Die Investitionsstrategie des FDC wird alle fünf Jahre überprüft. Bei solchen Überarbeitungen wurde sie nie grundsätzlich verändert, aber ergänzt und verfeinert, zum Beispiel durch neue Anlageklassen oder leichte Anpassungen des Risikoprofils. In welchen Assetklassen legen Sie das Geld an?Die Investitionsstrategie des FDC sieht folgende Aufteilung der Anlageklassen vor: 30 % in globale Aktien Welt, das heißt in entwickelte Märkte, inklusive Sustainable-Impact-Aktien, 6 % in Aktien von Schwellenländern, 4 % in Aktien von Kleinunternehmen – Small Caps – weltweit in entwickelten Märkten, 25 % in Euroanleihen, Länder und Firmen, inklusive Green Bonds, 23 % in Anleihen weltweit in Länder- und Firmenbonds, 2,5 % in Anleihen von Schwellenländern und dort nur Staaten, 3,5 % in Immobilien weltweit mittels nicht gelisteter Immobilienfonds, 1 % am Geldmarkt und 5 % in Direktimmobilien in Luxemburg. Wie haben sich die Anteile, die Sie in die unterschiedlichen Assetklassen investieren, in den vergangenen Jahren verändert?Die Quote für Aktien wurde bei der jüngsten Strategierevision 2018 von 32,5 % auf 40 % angehoben, damit wurde auch das Risikoprofil basierend auf dem Konzept eines Value at Risk von 15 % auf 20 % erhöht. Der FDC ist ein langfristiger Anleger, und dies spiegelt sich auch in seiner Strategie wider, und Aktien haben in den vorigen Jahrzehnten die Rendite von Anleihen deutlich übertroffen. Während der vorigen Strategierevisionen wurde vor allem die Implementierung neuer Teilfonds beschlossen: die der Schwellenländer, die der Kleinunternehmen, die der Immobilien weltweit sowie nachhaltige Teilfonds, also Green Bonds und Sustainable-Impact-Anlage, also Aktien. Und wie sieht es mit Rohstoffen aus?Der Fonds investiert bewusst aus ethischen Gründen nicht in harte Rohstoffe wie Gold sowie in Agrarrohstoffe. Andere Anlageklassen werden ausgeschlossen, da sie nicht mit dem Risikoprofil des FDC vereinbar sind, so zum Beispiel Hedgefonds oder andere hochspekulative Instrumente. Was ist Ihre Mission?Die gesetzliche Mission des FDC liegt in der Gewährleistung der Verwaltung der Rentenrücklagen durch Erzielen einer marktkonformen Rendite mit angemessenem Risikoprofil. Der FDC investiert so hauptsächlich in klassische Aktien und Anleihen, und Sicherheit spielt also durchaus auch eine Rolle. Dies spiegelt sich auch in dem Beschluss wider, nur in Instrumente zu investieren, die im jeweiligen Index vorhanden sind. Off-Benchmark-Positionen sind nicht erlaubt. Die Anleiheportfolios bestehen so zum Beispiel größtenteils aus Staatsanleihen, da diese Anleihen bis zu 60 % im Referenzindex repräsentiert sind. Der aktive Portfolioverwalter probiert diese Gewichtung einigermaßen im Portfolio zu halten und nicht zu viel von der Benchmark abzuweichen. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die Portfoliomanager sektorneutral sind. Mit dem niedrigen Zinsniveau, das wir seit einiger Zeit erleben, probieren jedoch einzelne Verwalter den Kredit leicht im Portfolio überzugewichten, um damit eine Mehrrendite gegenüber der Benchmark zu erzielen. Große Abweichungen seitens der Benchmark kann man aber trotzdem nicht feststellen. Welchen Stellenwert haben für Sie grüne und nachhaltige Investments, und gehen Sie davon aus, dass dieser Stellenwert in den kommenden Jahren noch zunehmen wird?Der FDC ist sich seiner ökologischen, sozialen und Good-Governance-Verantwortung bewusst und ist deshalb bestrebt, dass seine Investitionen diesen Kriterien gerecht sind. Seit 2011 werden nachhaltige Kriterien vom FDC berücksichtigt. Neben einer Ausschlussliste wurde so zum Beispiel 2017 entschieden, dass ein Vermögensverwalter einen nachhaltigen Ansatz verfolgen muss, wenn er ein aktives Mandat beim FDC verwalten will. Die letzten aktiven Mandate ohne einen solchen Ansatz werden 2022 neu ausgeschrieben. Was heißt das konkret für Green und Sustainable?2018 hat der FDC zwei neue Teilfonds aufgelegt, einen, der exklusiv in Green Bonds investiert, und einen Sustainable-Impact-Aktienteilfonds. Im ersten Teilfonds darf ausschließlich in Anleihen investiert werden, die klimafreundliche Projekte finanzieren. Im zweiten Teilfonds darf nur in Firmen investiert werden, die neben einer marktkonformen Rendite auch einen nachhaltigen Impact erzielen. So müssen bei diesem Teilfonds mindestens fünf der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen abgedeckt werden. Der FDC ist überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit an den Finanzmärkten immer wichtiger wird und dass Investoren zunehmend solche Kriterien berücksichtigen werden, um ihre Investitionen zu tätigen. Wie nachhaltig ist der FDC mittlerweile ausgerichtet, das heißt, wie hoch ist der Anteil des Gesamtvermögens, der bereits nach nachhaltigen Grundsätzen – etwa den Principles for Responsible Investing (PRI) – ausgerichtet wird?Der FDC verlangt bei seinen Ausschreibungen, dass der Portfoliomanager sich zu den UN PRI bekennt. In der Zwischenzeit haben alle Fondsverwalter des FDC die UN PRI unterschrieben. Damit bauen die Verwalter das Thema Nachhaltigkeit in ihren Investitionsentscheidungsprozess ein und tragen zu einem nachhaltigeren globalen Finanzsystem bei. Darüber hinaus haben die Portfoliomanager des FDC sich verschiedenen Projekten, Initiativen oder Organisationen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung und des verantwortungsvollen Investierens angeschlossen, wie zum Beispiel dem Carbon Disclosure Project (CDP), der Initiative Climate Action 100+ oder dem Institutional Investor Group on Climate Change (IIGCC) und so weiter. Was heißt das in konkreten Zahlen?Aktuell sind etwa 7,3 Mrd Euro und damit 71 % der aktiv verwalteten Assets nachhaltig zertifiziert, und in vielen Teilfonds werden so ESG-Kriterien angewandt. Im Dezember 2020 hat der FDC auch seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, der auch eine Klimaanalyse beinhaltet. Welche Investments sollen künftig dazukommen, welche Assets schließen Sie aus Ihrer Anlagepolitik aus?Der FDC wird sich bei der nächsten Überarbeitung seiner Strategie mit dem Thema Private Equity und Private Debt beschäftigen und prüfen, ob diese Anlageklassen zum Anlageuniversum hinzugefügt werden sollen. Der FDC hat seit 2011 eine Ausschlussliste von Firmen, in die nicht investiert werden darf. Heute basiert diese Liste auf den zehn Prinzipen des Globalen Pakt der Vereinten Nationen, dem UN Global Compact. Diese Prinzipien umfassen Menschenrechte, das Arbeitsrecht, Umweltnormen und Korruption. Ebenfalls ausgeschlossen sind Unternehmen, die eine Aktivität im Zusammenhang mit umstrittenen Waffen haben, einschließlich Antipersonenminen, Streubomben, Atomwaffen, Waffen mit angereichertem Uran, Waffen mit weißem Phosphor sowie chemische und biologische Waffen. Aktuell sind 119 Unternehmen ausgeschlossen. Der FDC hat nun einen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Wie kam es zu diesem Nachhaltigkeitsbericht des FDC?Nachhaltigkeit ist in der Finanzindustrie seit einiger Zeit ein großes Thema, umso umfangreicher seit dem Pariser Klimaabkommen. Die Weltbevölkerung ist alarmiert, wie schlecht es um das Klima steht und dass ein Umdenken vonnöten ist. Dies gilt auch für die Finanzströme die in der weltweiten Wirtschaft zirkulieren. Der Nachhaltigkeitsbericht, welcher von unserem Verwaltungsrat im Jahr 2019 beschlossen wurde, gibt Auskunft, wie der FDC Nachhaltigkeit seit 2010 integriert und wo der FDC in verschiedenen Klimaaspekten wie CO2-Abdruck, Zwei-Grad-Celsius-Konformität oder Klimarisiken steht. Können Sie das konkretisieren?Vor allem folgende Elemente wurden so von einem unabhängigen Unternehmen, das sich auf die Bewertung von Klima- und Umweltauswirkungen und -risiken spezialisiert hat, analysiert: CO2-Fußabdruck der Aktien- und Anleiheportfolios, Umweltbelastung durch die Aktien- und Anleiheportfolios, Exposition gegenüber Stranded Assets und fossilen Aktivitäten, vermiedene Emissionen und Analyse der grünen Anleihen des FDC, Ausrichtung Zwei Grad Celsius, das heißt Zwei-Grad-Celsius-Konformität basierend auf dem Übergangsweg und Zwei-Grad-Celsius-Konformität basierend auf dem Energiemix. Des Weiteren wurden Klimarisiken, dabei Übergangsrisiken und physische Risiken, analysiert. Außerdem wurde das PACTA-Tool zur Analyse von Portfolioexponierungen gegenüber klimarelevanten Sektoren und zur Bewertung ihrer Konformität mit verschiedenen Klimaszenarien verwendet. Was hat die Klimaanalyse ergeben?Die Klimaanalyse hat ergeben, dass der FDC in sämtlichen Bereichen besser ist als die jeweiligen Referenzindizes respektive der globale Markt. Betreffend den Zwei-Grad-Celsius-Abgleich liegt der FDC, basierend auf den Daten von Ende 2019, zwischen zwei und drei Grad, mit einer Tendenz nach unten, da die Analyse unter anderem vermiedene Emissionen vom FDC nicht mit einbeziehen kann. Hier sei vermerkt, dass die Staaten aktuell laut einer UNO-Nachricht weiterhin auf etwa drei Grad Temperaturanstieg zusteuern und nicht auf das Ziel von maximal zwei Grad. Der Nachhaltigkeitsbericht wurde kürzlich fertiggestellt und vom Verwaltungsrat gutgeheißen und am 10. Dezember dem Parlamentsausschuss vorgestellt. Einen solchen Bericht zu erstellen war ein bewusster und freier Entscheid des Verwaltungsrats. Der Verwaltungsrat wird im kommenden Jahr diesen Bericht ausführlich prüfen und diskutieren. Es war zu diesem Augenblick zu kurzfristig, um Schlussfolgerungen aus dem Bericht zu ziehen. Es ist auch immer wieder Kritik an Ihren Investments zu hören, so etwa von Greenpeace. Was sagen Sie dazu?Der FDC ist eine öffentliche Institution, dessen Organisation und Kompetenz durch das Gesetz geregelt ist. Der Verwaltungsrat beschließt die Investitionspolitik, welche vom zuständigen Minister gutgeheißen wird. Der Verwaltungsrat ist kein Ethikrat, und es gibt keine gesetzliche Verankerung, Ausschlüsse zu tätigen. Sollte dies seitens der Politik gewünscht sein, müssen solche Ausschlusskriterien im Gesetz verankert werden, so die Auffassung unseres Verwaltungsrates. Seitens verschiedenen NGOs, darunter Greenpeace, werden immer wieder Investitionen vom FDC im Bereich Kohle und fossile und atomare Energie oder in einzelne Unternehmen bemängelt wohlwissend, dass solche Investitionen nur leicht über 1 % des Gesamtvermögens liegen. Das Vermögen des FDC beläuft sich auf 22,5 Mrd. Euro, davon werden etwas mehr als 21 Mrd. auf den internationalen Finanzmärkten investiert. Sie finden aber eben viel Aufmerksamkeit aufgrund Ihrer Tätigkeiten auch bei Greenpeace, vielleicht mehr als so manch anderer. Was sagen Sie dazu?Da der FDC eine öffentlich-rechtliche Einrichtung ist, sehr transparent seine Investitionen veröffentlicht und es dabei auch noch um Rentengelder geht, findet der FDC mit seinen Investitionen natürlich viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Der Fondsplatz Luxemburg, wo mittlerweile 4,6 Bill. Euro verwaltet werden und der somit der zweitgrößte Fondsplatz weltweit ist, wird hier seitens Greenpeace nicht analysiert. Man findet eben besser Gehör beim Bürger, wenn es um Rentenbeiträge geht, als wenn man vom gesamten Finanzplatz berichtet. Der FDC ist jedoch seit Jahren im aktiven Dialog mit Greenpeace und wird auch in Kürze diesen Bericht mit Greenpeace besprechen. Es wurden und werden aber prinzipiell keine Entscheide getroffen exklusiv aufgrund von Druck von Greenpeace oder anderen Organisation. Das Interview führte Kai Johannsen.