"Wollen Einfluss geltend machen"
Der niederländische Vermögensverwalter Triodos Investment Management will mit seiner Anlagepolitik die Welt etwas besser machen. Der Leiter des Research, Hans Stegeman, erklärt im Gespräch diesen Ansatz.Von Dietegen Müller, FrankfurtDer Erfolg eines Fonds sollte nicht nur anhand seiner Kursentwicklung gemessen werden, sondern auch in Bezug auf den Einfluss, den die darin enthaltenen Unternehmen auf die Umwelt ausüben. Das sagt Hans Stegeman, der das Research beim auf nachhaltige Anlagen spezialisierten Assetmanager Triodos Investment Management leitet. Solche “Impact”-Benchmarks gibt es zwar noch nicht, aber die Weltbank hat jüngst Prinzipien veröffentlicht, mit denen wirkungsorientierte Ziele in der Vermögensanlage aufgestellt, gemessen und berichtet werden sollen.Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erklärt Stegeman, dass Triodos seit Mai selbst solche Impact-Daten veröffentlicht, aus denen ersichtlich wird, was die Anlagen in diesen Unternehmen bringen. “Wir wollen einen Einfluss geltend machen und achten in unseren Anlagen nicht nur auf Finanzmetriken, sondern auch auf Kriterien der Nachhaltigkeit”, sagt Stegeman. Seien die Unternehmen etwa offen für eine Auseinandersetzung oder nicht. “Wir investieren nicht in Unternehmen, die unsere Fragen nicht beantworten”, sagt der Research-Spezialist. “EU-Taxonomie nicht genug”Er kritisiert, dass der traditionelle Ansatz von Vermögensverwaltern der sei, ein Anlageuniversum zu definieren, und dann werde daraus eine Auswahl getroffen. Stegeman handelt aber aus Überzeugung: “Wir glauben, es braucht eine Überzeugung des Assetmanagers. Der Finanz- und der Nachhaltigkeitsanalyst arbeiten bei uns zusammen, und mitunter ist der Finanzanalyst sogar der bessere Nachhaltigkeitsanalyst. Wir arbeiten täglich mit den Fondsmanagern zusammen. Das funktioniert wirklich.” Aber Stegeman räumt auch ein, dass dies einen Preis hat: “Wir sind nicht die Günstigsten.”Die europäische ESG-Taxonomie – ESG steht für Environment, Social und Governance – werde aber kaum einen Einfluss auf das Geschäft von Triodos haben. “Wir hatten die Hoffnung, dass es auch für Mainstream-Finanzprodukte hier mehr Transparenz geben würde, aber diese Hoffnungen wurden enttäuscht.” So werde ein Fondskäufer weiterhin nicht darüber im Klaren sein, welche Risiken sich etwa aus sogenannten Stranded Assets ergeben, also aus bilanzierten Vermögenswerten wie Ölvorräten, die bei einem Umbau der Weltwirtschaft hin zu geringerem Treibhausgasausstoß an Wert verlieren können. “Die EU-Taxonomie ist für uns nicht genug”, fasst Stegeman zusammen. Immerhin sei es ein Ansatz, um “Greenwashing” zu verhindern. Der Experte geht davon aus, dass nachhaltige Anlagen stärker in Richtung Mainstream gehen werden.Um weiter “vor dem Mainstream” zu bleiben, hat Triodos Mitte des vergangenen Jahres die Anlagestrategie in den vier nachhaltigen Fonds verändert. “Bisher haben wir sehr strikte Ausschlusskriterien angewandt. Nun ist zusätzlich eine Strategie festgelegt worden, welche Ziele im Zusammenhang mit dem Übergang hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft definiert. Als Folge davon seien einige Investments in den Fonds ausgetauscht worden.Triodos hat insgesamt sieben Themenbereiche für Transformationen definiert, darunter zum Beispiel erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Mobilität und Infrastruktur oder Social Inclusion. Untersucht wird, ob es eine positive Wirkung – einen positiven “Impact” – gibt. Dazu nutzen die Analysten laut Stegeman verschiedene Datenbanken und versuchen für jedes Investment zu berechnen, worin der positive Einfluss des Unternehmens besteht, sei es in der Qualität der Dienstleistungen oder in den Prozessen des Unternehmens. Als ein Beispiel nennt Stegeman den Lebensmittel- und Agrarsektor. “Wir sind da sehr strikt und setzen nur auf Biolandwirtschaft und schließen genveränderte Produkte aus. Da ist es sehr schwierig, gute Unternehmen zu finden.” Eines, das die Kriterien von Triodos erfüllt, ist das dänische Fischverarbeitungsunternehmen Bakkafrost. Es eigne sich für den Übergang hin zu einer auf weniger Fleisch ausgerichteten Ernährung. Große Streubreite der DatenStegeman relativiert die Aussagekraft gängiger Nachhaltigkeitsratings. So habe ein kanadisches Eisenbahnunternehmen in der Einstufung durch ISS Oekom eine Top-Bewertung erhalten, dabei transportiere die Gesellschaft etwa Ölsand oder nutze Dieselloks. “Die reale Story kann ganz anders sein”, so Stegeman. Triodos nutze etwa ESG-Daten vom Anbieter Sustainalytics sowie Impact-Daten.Doch sei die Streubreite je nach Anbieter sehr unterschiedlich. “Anders als bei Kreditratings, wo die Korrelation zwischen den Einschätzungen der verschiedenen Ratingagenturen sehr hoch ist, ist die Korrelation bei ESG-Daten unterschiedlicher Anbieter mit rund 0,3 sehr viel geringer”, so Stegeman. Sein Analystenteam stütze sich nicht allein auf Daten ab, nutze sie aber als Screening-Instrument. “Es ist immer eine Kombination aus der finanziellen Entwicklung, und wie sie auf unsere Anlagestrategie passt, und Nachhaltigkeitszielen.” Das 2-Grad-Ziel spiele im Rahmen eines Science Based Targeting eine Rolle, es sei aber im Grunde ein Resultat des Kohlenstoffabdrucks. Es sei schwierig, Annahmen über einen Lebenszyklus hinweg zu treffen. Abschläge bei MorningstarTriodos managt vier Fonds nach Nachhaltigkeitskriterien, die derzeit rund 1,6 Mrd. Euro Assets under Management umfassen. Einer der Aktienfonds wurde 1997 gegründet, die anderen drei Produkte reichen bis 2007 zurück. Gemäß der Fondsratinggesellschaft Morningstar hat der Triodos Sustainable Pioneer Fund nur einen Sustainability Score von 47,74 Punkten bei einem Controversy-Abschlag von 1,93 Punkten. Die laufenden Kosten betragen 1,98 %. Damit fällt das ESG-Rating nicht besonders gut aus. Doch erreicht der Fonds ein Top-Rating bei der Klimaanalyse von Climetrics.Der Triodos Sustainable Equity Fund (laufende Kosten: 1,51 %) kommt laut Morningstar auf ein Nachhaltigkeitsrating von 54,40 Punkten (Controversy-Abschlag: 5,57 Punkte).Bei Climetrics hat der Fonds eine Top-Einstufung. Der Sustainable Mixed Fund (laufende Kosten: 1,33 %) und der Sustainable Bond Fund (1,2 %) weisen kein Nachhaltigkeitsrating bei Morningstar auf.Triodos-Research-Leiter Stegeman erklärt die relativ niedrigen Nachhaltigkeitswerte damit, dass die Anlagen in den Fonds nicht nach einem “Best in Class”-Ansatz mit Blick auf ESG-Kriterien ausgewählt sind, sondern dass auf Unternehmen gesetzt wird, die den strengen Ausschlusskriterien von Triodos genügen würden “und eine möglichst große positive Wirkung in Bezug auf die von uns definierten Transformationsthemenbereiche haben”. – Wertberichtigt Seite 8