AUSBLICK

Zähneklappern bis zur Brexit-Entscheidung

Hohe Volatilität bei Devisen, Anleihen und Aktien erwartet - DZ Bank sieht auch Kaufgelegenheiten

Zähneklappern bis zur Brexit-Entscheidung

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtÜber eines sind sich praktisch alle Marktbeobachter einig: Bis zum Donnerstag, dem 23. Juni, wird der Brexit, also der zur Abstimmung stehende mögliche Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU), das zentrale Thema an den Kapitalmärkten bleiben. Es wird noch mit erheblicher Verunsicherung der Marktteilnehmer und daher hoher Volatilität gerechnet.Die Experten der DZ Bank vermuten, dass am frühen Freitagmorgen ab 1 Uhr mit ersten Abstimmungsergebnissen gerechnet werden kann. Sie weisen aber darauf hin, dass bei der letzten britischen Parlamentswahl gegen 8 Uhr morgens klar war, wer den Sieg davontrug. Sollte das Ergebnis knapp sein, sei es sogar durchaus möglich, dass erst im Verlauf des Freitagvormittags mit Sicherheit zu sagen ist, welche Seite den Sieg erreicht hat. Bis es so weit sei, würden insbesondere die Devisenmärkte in Lauerstellung bleiben.Zweifelsohne werde ein mögliches Votum für den Brexit dann für Turbulenzen sorgen. Diese dürften sich im Rahmen der bisherigen Entwicklungen bewegen. So sind britisches Pfund und Euro bereits deutlich unter Druck geraten, während Yen und Schweizer Franken als Fluchtwährungen gefragt waren.Was den Bondmarkt betrifft, so ist in der gerade beendeten Handelswoche die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen erstmals in negatives Terrain gefallen. Nach Ansicht der Commerzbank sind dafür neben dem möglichen EU-Austritt Großbritanniens die hochkochenden Knappheitsängste verantwortlich. Mit der negativen Rendite bei den Benchmark-Anleihen werde sich das Problem verschärfen, da nach Berechnung der Commerzbank derzeit nur noch etwa 40 % der Bundesanleihen für die Europäische Zentralbank (EZB) kaufbar sind. Diese Dynamik stelle Investoren, Emittenten und Zentralbanken vor Herausforderungen, die von der Entscheidung über den Brexit noch verschärft würden. Tiefpunkt erreichtZwar glauben die Analysten, dass die Renditeentwicklung bei den zehnjährigen Bundesanleihen ihren Tiefpunkt vorläufig erreicht hat, in den Tagen vor der Abstimmung sei jedoch damit zu rechnen, dass die Volatilität auch am Bondmarkt in die Höhe schieße. Die Renditeaufschläge bei kurzlaufenden Staatsanleihen der Eurozonen-Peripherie würden in diesem Umfeld stark steigen, was in der gesamten Laufzeitenstruktur nachhalle. Bei kurzlaufenden Staatsanleihen aus Portugal kämen noch hausgemachte Probleme dazu, betonen die Analysten.Auch am Aktienmarkt dominieren nach Einschätzung der Experten der DZ Bank die politischen Risiken das Geschehen. Die Analysten der Bank hatten in ihrem Musterportfolio bereits Anfang April angesichts dieser Gefahren die Aktienquote auf 0 % gesenkt, wie sie betonen. Noch für die Handelstage vor dem britischen Votum halten sie ein Unterschreiten der Dax-Marke von 9 200 Punkten für kurzfristig möglich. Sollten sich die Briten dann für den Austritt aus der EU aussprechen, würden noch weitere Kursverluste folgen, so dass eine Bodenbildung an den Aktienmärkten wohl mehrere Wochen in Anspruch nehmen werde.Die Analysten sehen aber nicht komplett schwarz mit Blick auf die aktuellen Turbulenzen, denn sie weisen auch auf Kaufgelegenheiten hin: “Steigen Sorgen und Volatilität am Aktienmarkt deutlich an, meist auf ein Niveau von 35 Punkten beim VDax und oder darüber, können sich erfahrungsgemäß kurzfristig großartige Chancen am Aktienmarkt ergeben”, betonen sie. Anleger sollten daher in den kommenden Tagen eine Liste möglicher Kaufkandidaten für die Zeit nach dem Brexit-Entscheid erstellen. Auf der Beobachtungsliste der DZ Bank stünden derzeit viele Segmente wie Value-Aktien, globale Dividendenwerte und Emerging Markets, in denen sich einige selektive Chancen ergäben.