GastbeitragAnlagethema im Brennpunkt (306)

Zeit für Duration

Die besten Zeiträume, um die Duration zu erhöhen, waren zumindest in der Vergangenheit immer dann, wenn die kurzfristigen Zinssätze ihren Höchststand erreichten.

Zeit für Duration

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (306)

Zeit, um die Duration zu erhöhen

Wir hatten an dieser Stelle vor zwei Monaten prognostiziert, dass die Fed die Zinsen länger hoch halten werde, als der Markt dies damals erwartete. Die geldpolitische Sitzung der US-Notenbank im September gab uns insofern recht, als der Median der Projektionen für die Fed-Funds-Target-Range für 2024 ein weiteres Mal nach oben kletterte: Die Fed-Mitglieder erwarten inzwischen, dass es weniger zügige Zinssenkungen im kommenden Jahr geben wird als zuvor prognostiziert. Auch ein Zinsschritt im November ist noch nicht vom Tisch. Futter für die Zins-Kanone der Fed war zudem der anziehende Preis von Rohöl. Der Anstieg des Brent-Preises betrug im dritten Quartal insgesamt 28,5%. Wenngleich der höhere Ölpreis die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bremsen und damit den Notenbanken zuarbeiten wird, dürfte der positive Inflationseffekt dominieren. Dies untermauert die Notwendigkeit einer auch im Jahr 2024 restriktiv ausgerichteten Geldpolitik.

Wir erwarten allerdings weiterhin, dass der Preisauftrieb für das Gros der Waren und Dienstleistungen zum Jahresende nachlassen wird. Gleichzeitig sollten die Wachstumssorgen in den USA vor dem Hintergrund eines länger wirkenden, restriktiven Leitzinsniveaus in den Vordergrund treten. Diese Gemengelage dürfte schlussendlich zu moderat niedrigeren langfristigen Renditen zum Jahresende führen.

Wie ist eine Rentenallokation im Rahmen eines Multi-Asset-Portfolios für den bevorstehenden Höhepunkt des aktuellen Zinserhöhungszyklus der Fed nun auszurichten? Nach der großen Zinswende im Jahr 2022 profitieren Investoren inzwischen von höheren Renditen im gesamten Spektrum der festverzinslichen Wertpapiere. Geldmarktfonds waren hier ein bemerkenswerter Nutznießer, mit massiven Zuflüssen im bisherigen Jahresverlauf. Während den relativ attraktiven Renditen dieser Vehikel nur schwer zu widerstehen ist, sind andere Marktsegmente möglicherweise jedoch besser geeignet. Hervorzuheben ist hier der signifikante Renditeanstieg bei zehnjährigen US-Treasuries, die in der ersten Oktoberwoche 2023 an der 5%-Marke kratzten.

Bei kurzfristigen Zinssätzen, die derzeit auf Levels rangieren wie seit 2008 nicht mehr ist – bei aller Bewunderung für Geldmarktpapiere – leicht zu übersehen, dass festverzinsliche Wertpapiere auch eine Verteidigungsfunktion innerhalb eines Multi-Asset-Portfolios haben. Anleihen können konkret als Puffer dienen, wenn Aktien Rückgänge verzeichnen. Während Geldmarktpapiere bzw. Geldmarktfonds bei einem möglichen Aktienmarktrücksetzer zwar tendenziell nicht an Boden verlieren, ist es aber unwahrscheinlich, dass sie einen Kursanstieg erleben, zu dem Anleihen mit längeren Laufzeiten in der Lage sind. Wie eingangs beschrieben, erwarten wir eine Abkühlung der US-Wirtschaft, wenngleich diese im Vergleich zu früheren Zinszyklen der Fed langsamer ablaufen könnte. Letztlich dürfte die Kombination aus 18 Monaten Zinserhöhungen der Fed und immer noch robusten US-Aktienbewertungen aber zu korrekturanfälligen Aktienmärkten beitragen.

Um das Diversifizierungspotenzial von Anleihen zu optimieren, muss eine Rentenallokation eine bestimmte Durationsschwelle erreichen, um einen hinreichenden Kapitalzuwachs zu ermöglichen. Die besten Zeiträume, um die Duration zu erhöhen, waren zumindest in der Vergangenheit immer dann, wenn die kurzfristigen Zinssätze ihren Höchststand erreichten. So schnitten Durationsanlagen (Duration: 10 Jahre) in fünf der vergangenen sechs Zinserhöhungszyklen besser ab als Geldmarktpapiere, sobald die Leitzinsen ihren Zenit erreicht hatten (in dem verbleibenden Fall entwickelten sich Durationsanlagen weitgehend im Einklang mit den Geldmärkten). Dies ist konsistent mit der Überlegung, dass auf einen Höchststand der (Leit-)Zinsen in der Regel eine Abkühlung der Wirtschaft und anschließende Zinssenkungen folgen. Diese Bedingungen wären auch für zinssensible Segmente des Anleihemarktes wie Staatsanleihen und ausgewählte Investment-Grade-Unternehmensanleihen positiv.

Selbst wenn die Fed erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit Zinssenkungen beginnt, werden die Renditen von Anleihen mit mittlerer bis längerer Laufzeit wahrscheinlich zeitnah ein Plateau erreichen. Sodann dürfte die nächste Bewegung nach unten führen. In der Zwischenzeit bedeutet die abnehmende Inversion der Renditekurve von Treasuries, dass Anleiheinvestoren nicht viel an potenziellen Renditen einbüßen, indem sie die Duration erhöhen, da sie sich für ein höheres Maß an Kapitalzuwachs positionieren, falls sich die Wirtschaft wie erwartet verlangsamt.

Daniel Winkler

Multi Asset Strategist bei Lampe AM