Zinsprognose

Zinsen am Bondmarkt sinken laut VÖB nur langsam

Die Kapitalmarktstrategen des VÖB gehen davon aus, dass die Zinsen am Bondmarkt nur langsam zurückgehen. Die Kernrate der Inflation bleibe hartnäckig hoch und sinke nur langsam.

Zinsen am Bondmarkt sinken laut VÖB nur langsam

Zinsen sinken nur langsam

Kapitalmarktexperten des VÖB gehen von hartnäckiger Inflation und von Rezession aus

Die Kapitalmarktstrategen des VÖB gehen davon aus, dass die Zinsen am Bondmarkt nur langsam zurückgehen. Die Kernrate der Inflation bleibe hartnäckig hoch und sinke nur langsam. Gleichzeitig machen sie sich wegen der Konjunkturschwäche in Deutschland und der Eurozone Sorgen.

ku Frankfurt

Die Kapitalmarktexperten der Mitgliedsinstitute des Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) gehen aktuell nicht davon aus, dass es zu einer deutlichen Reduzierung der Zinsen am Bondmarkt kommt. Sie erwarte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen in zwei Monaten in der Spanne zwischen 2,41 und 2,6%. Auf Sicht von zwölf Monaten soll die Verzinsung zwar zurückgehen, aber nur geringfügig. Der Satz für die Benchmark-Bundesanleihen wird dann in der Spanne von 2,2 bis 2,4% prognostiziert. Aktuell liegt der Satz bei 2,43%, vor wenigen Tagen wurde kurzzeitig auch die Marke von 2,5% übertroffen.

Nicht viel anders wird die Entwicklung hinsichtlich der zehnjährigen US-Treasuries gesehen. Ausgehend vom aktuellen Niveau von 3,72% soll die Rendite in zwei Monaten zwischen 3,45 und 3,90% liegen, um dann binnen Jahresfrist auf einen Stand zwischen 2,95 und 3,5% zu sinken. Eine Belastung für den amerikanischen Bondmarkt sieht Ulf Kraus von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), dass nach dem Ende des Schuldenstreits in den USA das US-Finanzministerium seine Marktabstinenz beenden wird. Verglichen mit dem langfristigen Trend der Neuverschuldung der US-Regierung sei zu erwarten, dass der amerikanische Staat bis Jahresende 1,1 Bill. Dollar aufnimmt.

Hauptgrund für die Erwartung nur geringfügig sinkender Renditen am Bondmarkt ist nach Einschätzung von Michael Klawitter von Floor Research der Deka Bank die hartnäckig hohe Kerninflation. “Entscheidend für die Zentralbanken ist nicht die Inflation von 2023, sondern die in 2024”, betont er. Während Basiseffekte die Inflation 2023 drückten, gehe die Kerninflation nur schleppend zurück. Zwar sei der Zinsgipfel nahe mit einem Leitzinsniveau der Europäischen Zentralbank EZB bei 3,5 bis 4% und der US-Notenbank Fed bei 5,5%, Zinssenkungen stünden aber auf absehbare Zeit nicht an. Krauss geht davon aus, dass die Normalisierung der Inflation Zeit braucht. Der Vergleich mit früheren Vergleichsperioden mit hoher Inflation zeige, dass das Erreichen der Zielgröße der EZB von 2% noch einige Jahre dauern werde.

Die Institute des VÖB rechnen damit, dass die Verbraucherpreise in sechs Monaten auf einem Niveau zwischen 3,3 und 4,6% liegen, in zwölf Monaten dann zwischen 2,3 und 3,9%. Damit wäre der Rückgang langsam und verhalten. Ähnlich sieht es für die Eurozone aus, wo in sechs Monaten ein Niveau der Inflation zwischen 3,4 und 4,5% erwartet wird und in zwölf Monaten zwischen 2,2 und 3,8%.

Achillesferse privater Konsum

Gleichzeitig machen sich die Kapitalmarktexperten Sorgen wegen der Konjunkturentwicklung. Für das laufende Jahr wird für Deutschland eine Rezession erwartet mit einer Spanne der Prognosen für die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes von -0,1 bis -0,6%. Erst 2024 soll es dann eine Erholung des Wirtschaftswachstums auf zwischen 1,0 und 1,7% geben. Seit Anfang 2022 sei der private Konsum die Achillesferse der deutschen Konjunktur, beklagt Jens Oliver Niklasch, Senior Economist von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Besorgniserregend sei auch der Rückgang der Neuaufträge der Industrie mit einem Minus von zuletzt 10%, was als “Tiefschlag für die Konjunktur” zu werten sei. Die Industrieproduktion erweise sich schon seit 2018/19 schwach, was von der Autoindustrie ausgegangen sei. Wenig Hoffnung machten auch die Frühindikatoren.

Was den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank im Spannungsfeld zwischen hartnäckiger Inflation und Rezession betrifft, so gehen die Kapitalmarktstrategen der Banken des VÖB davon aus, dass die US-Notenbank ihren Leitzinsgipfel womöglich schon erreicht habe. Für Europa wird eine weitere Zinserhöhung im Juli und eventuell eine weitere im September diesen Jahres prognostiziert. Danach werde der Leitzins voraussichtlich erst einmal stagnieren. “Wir gehen von einer Zinspause aus, jedoch nicht von einer Zinswende nach dem dritten Quartal 2023”, betonen sie. Zinssenkungen stehen noch nicht auf dem Programm: “Wir erwarten, dass eine Zinssenkung im Euroraum frühestens im Herbst 2024 eingeleitet wird.”

Als eine Gefahr für die deutsche und die europäische Volkswirtschaft wird die mögliche Entkopplung von China gesehen. Nach Einschätzung von Birgit Henseler von der DZ Bank werde aber wohl keine komplette Deglobalisierung geben, arbeitsintensiver Produkte würden auch weiterhin importiert. Auch Christian Lips, Chefvolkswirt der Nord/LB, ist davon überzeugt, dass sich die Abhängigkeit von China kurzfristig nicht leicht auflösen lässt.

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