Matthias Zachert, Lanxess

„2023 wird hartes Jahr für Lanxess“

Abgestraft: Mit einem Kursrückgang um über 10 % haben die Investoren den schwachen Ausblick von Lanxess quittiert. Im ersten Quartal droht das operative Ergebnis um bis zu 40% einzubrechen.

„2023 wird hartes Jahr für Lanxess“

ab Köln – Lanxess blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Doch die Aussichten sind düster: „2023 wird ein hartes Jahr für die Chemie und für Lanxess“, sagte Vorstandschef Matthias Zachert bei der Bilanzvorlage. Das erste Halbjahr werde rezessiven Charakter haben. Erst im zweiten Halbjahr sei mit einer Erholung zurechnen.

Entsprechend fällt die Prognose aus: Während im Gesamtjahr mit einem bereinigten operativen Ergebnis auf Vorjahresniveau gerechnet wird, wird das bereinigte Ebitda im ersten Quartal nur in einer Spanne von 180 Mill. bis 220 Mill. Euro erwartet, und zwar eher am unteren Rand der Bandbreite, wie Zachert ergänzte. Im Auftaktquartal 2022 hatte der Chemiekonzern operativ noch 320 Mill. Euro verdient.

Grund für den schwachen Ausblick ist nicht nur die hohe Vergleichsbasis, sondern die abgeschwächte Nachfrage. Der im Schlussquartal beobachtete Lagerabbau bei den Kunden werde sich zumindest im ersten Quartal fortsetzen. Lanxess reagierte darauf mit dem Abbau der Vorräte und dem Herunterfahren der Produktion, zumal das Working Capital im Vorjahr um ein Fünftel auf 2 Mrd. Euro angeschwollen ist. Entsprechend halbierte sich der operative Cashflow auf 187 Mill. Euro.

Dass das zu Jahresbeginn vorherrschende Lieferkettenproblem Ende 2022 von einem Nachfrageproblem abgelöst wurde, erzählen die Zahlen für das vierte Quartal: Reduzierten die Absatzmengen den Umsatz im Gesamtjahr um 6 Prozentpunkte, waren es im vierten Quartal 13 Prozentpunkte. Ausgeglichen wurde der Mengenrückgang durch steigende Absatzpreise sowie positive Portfolio- und Währungseffekte.

Letztlich gelang es den Kölnern, die gestiegene Rohstoff- und Energiepreise vollständig weiterzureichen. Der Umsatz legte im Gesamtjahr ein Drittel auf 8,1 Mrd. Euro zu, das operative Ergebnis wuchs um 14 % auf 930 Mill. Euro. Selbst im Schlussquartal bewegte sich das bereinigte Ebitda mit 175 Mill. Euro leicht über dem Vorjahresniveau. Mit einer sich abschwächenden Nachfrage dürfte es künftig allerdings schwieriger werden, höhere Verkaufspreise durchzusetzen.

Zwar gab das Konzernergebnis auf 250 (i.V. 267) Mill. Euro nach, das Ergebnis nach Steuern im fortgeführten Geschäft schnellte jedoch um 60 % auf 184 Mill. Euro in die Höhe. Die Dividende wird mit 1,05 Euro stabil gehalten. Als nicht fortgeführtes Geschäft wird die Geschäftseinheit High Performance Materials bilanziert, die in ein Joint Venture mit Advent eingebracht wird. Anfang April steht der Vollzug an.

Dann fließen dem Unternehmen 1,1 Mrd. Euro zu, die in den Schuldenabbau gesteckt werden. Das ist auch erforderlich, machten die Nettoschulden zum Bilanzstichtag doch das 4,1-fache des bereinigten Ebitda aus. Keine Rede ist mehr von einem Aktienrückkauf, mit dem Lanxess bei Abschluss der Transaktion noch geliebäugelt hatte.

Der Anstieg der Verschuldung ist auf die jüngsten Zukäufe zurückzuführen, mit denen Lanxess nicht nur das Segment Consumer Protection ausbaute. Vielmehr hat sich damit auch der US-Anteil am Geschäft auf 26 (2016: 16) % erhöht. Mit der Verschiebung der regionalen Aufstellung reagiert Lanxess auf die nachlassende Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort. Zachert forderte die Politik unverhohlen auf, die Energiepreise endlich zu senken, um die schleichende Deindustrialisierung abzuwenden.

Wertberichtigt Seite 2

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