Berlin dominiert den deutschen Markt
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Der deutschen Kunstbranche steckt die Corona-Pandemie noch schwer in den Knochen. Die Seuche war ein Desaster für ein Segment, welches nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler rund 700 Galerien umfasst, die etwa 14000 Künstler vertreten.
Allerdings nutzten viele Galerien die allgemeine Zwangspause und staatliche Hilfen dafür, ihre Online-Auftritte zu modernisieren. „Es gab in der Pandemie bestimmte Förderprogramme der öffentlichen Hand nach dem Gießkannenprinzip. Das betraf insbesondere die Außenwahrnehmung, also zum Beispiel Mittel für die Digitalisierung und für Kataloge. Man hatte während der Lockdowns mehr Zeit dafür, die eigenen Webseiten auf Vordermann zu bringen. Das hat der Branche insgesamt geholfen“, sagt der Galerist Jo van de Loo.
Nach einer Studie des Instituts für Strategieentwicklung konzentriert sich die stark fragmentierte Branche auf die Großstädte. Die Galerien erlösen zusammen jährlich rund 900 Mill. Euro. Rund ein Drittel hat ihren Standort in der Bundeshauptstadt. Fast ein Drittel ist im Rheinland ansässig. Das Übergewicht Berlins im deutschen Markt hat mit den günstigen Arbeits- und Lebensbedingungen für junge Künstler zu tun. „Berlin hat einen großen Vorteil. Die Produktionsbedingungen für Künstler sind optimal. Die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu anderen Großstädten immer noch relativ niedrig. In der Hauptstadt gibt es eine Menge großer Räume im gewerblichen Bereich, die Kunstschaffenden zur Verfügung stehen“, erklärt Jo van de Loo.
Im internationalen Vergleich ist Deutschland mit nur 2% des globalen Volumens eine kleine Nummer. Es gab aber auch andere Zeiten, wie Nicola Gräfin Keglevich von Ketterer Kunst erzählt: „Historisch betrachtet ist der deutsche Kunstmarkt weltweit federführend gewesen. In der Klassischen Moderne war Deutschland ein Kunstzentrum, darunter in Städten wie München. Im Nationalsozialismus und infolge des Zweiten Weltkriegs ging diese Stellung verloren. Viele Künstler wanderten nach Amerika aus. Erst mit der 1955 gestarteten Documenta in Kassel kam es in der Nachkriegszeit zu einer Wiederbelebung in der Bundesrepublik.“
Deutschland habe sich zu einem Must-be für amerikanische Künstler entwickelt, so Keglevich weiter. „Gerade die Pop Art hatte die ersten großen Sammler in Deutschland, bevor der Run auf diese Kunst in Amerika begann. In dieser Zeit entwickelte sich ein reger Austausch auch zwischen den Künstlern.“ Deutschland sei immer vorneweg gewesen. Die Nachfrage kam damals von wohlhabenden Unternehmerfamilien im Rheinland und im Ruhrgebiet. „Diese haben sich auch für zeitgenössische Kunst interessiert und frühzeitig am Primärmarkt gekauft. Seinerzeit waren Werke wie zum Beispiel die von Gerhard Richter und Cy Twombly noch relativ günstig“, sagt Keglevich.