Palo Alto Networks

„Der Markt für Cyber­sicher­heit wird erwachsen“

Mehr als ein Dutzend kleinerer Transaktionen hat Palo Alto Networks in den vergangenen vier Jahren getätigt. Die rege M&A-Tätigkeit ist für Chief Business Officer Amit Singh auch ein Zeichen dafür, dass sich die Branche wandelt, erklärt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

„Der Markt für Cyber­sicher­heit wird erwachsen“

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Wenig Investitionsfreude, kaum Budget für Neuprojekte – viele Software-Unternehmen leiden darunter, dass ihre Kunden bei Ausgaben im Moment lieber einen Gang zurückschalten. Ein Teilbereich der Softwarebranche spürt davon allerdings weniger: Investitionen in Cybersicherheit bleiben selbst in Zeiten hoher Inflation auf der Agenda.

„Cybersicherheit hat in den Vorstandsetagen oberste Priorität. Die Budgets dafür erweisen sich daher als robust, auch wenn sie gegen Kürzungen nicht immun sind“, sagt Amit Singh, Chief Business Officer bei dem IT-Sicherheitsunternehmen Palo Alto Networks mit Hauptsitz in Kalifornien.

Das zeigt sich auch in den Zahlen: Palo Alto Networks war im vierten Quartal ihres Geschäftsjahres 2022, das am 31. Juli endete, erstmals in vier Jahren nach den Maßstäben des Bilanzierungsstandards GAAP profitabel. Das Ziel für das nun angelaufene Geschäftsjahr lautet, dies auf Ganzjahressicht zu erreichen. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2022 bei 5,5 Mrd. Dollar, ein Plus von 29% gegenüber dem Vorjahr. Seit Singh vor vier Jahren von Google zu Palo Alto Networks wechselte, hat sich das Unternehmen stark verändert. Lange war es als Spezialist für Firewalls bekannt, inzwischen richtet sich das Angebot stärker auf die Cloud aus. „Produktinnovation hat oberste strategische Priorität“, sagt Singh.

Technologien zugekauft

Auch am M&A-Markt war Palo Alto Networks aktiv, um sich zu verstärken. 15 Transaktionen waren es in den vergangenen vier Jahren, vorwiegend kleinere Deals. „Wir haben Anbieter übernommen, die ergänzende Technologien und Fähigkeiten mitgebracht haben“, erklärt Singh die M&A-Strategie.

Unternehmen für Cybersicherheit haben zuletzt am M&A-Markt mehrfach für Ausrufezeichen gesorgt. Alphabet hat kürzlich für 5,4 Mrd. Dollar den Sicherheitsexperten Mandiant übernommen. Vista Equity Partners bewertet ihren jüngsten Zukauf, den Anbieter von Cybersicherheitstrainings Knowbe4, auf Eigenkapitalbasis mit 4,6 Mrd. Dollar. Und der Finanzinvestor Thoma Bravo hat in den vergangenen Monaten mit Forgerock, Ping Identity und Sailpoint Technologies gleich mehrere Zukäufe im Bereich Cybersicherheit vermeldet.

Für Singh ist die rege M&A-Tätigkeit im Bereich Cybersicherheit ein Zeichen dafür, dass die noch vergleichsweise junge Branche sich weiterentwickelt. Viele Unternehmen sind erst vor zehn Jahren gegründet worden, die Anbieterlandschaft ist immer noch sehr fragmentiert.

„Die Rezession könnte nun eine Konsolidierung auslösen“, glaubt Singh. „Der Markt für Cybersicherheit wird erwachsen.“ Für die Kunden sei es oft einfacher, über die Plattform eines großen Anbieters mehrere Produkte zu beziehen, sagt Sascha Puljic, Vice President Germany bei Palo Alto Networks. „Viele Unternehmen beziehen Anwendungen von unterschiedlichen, jeweils hoch spezialisierten Anbietern“, sagt er. Eine Konsolidierung vereinfache die Absprache – und weniger Schnittstellen zu verschiedenen Dienstleistern bedeuteten auch weniger potenzielle Einfallstore für Angreifer.

Eines der größten Wachstumshemmnisse für die Cybersicherheitsspezialisten ist aktuell der Fachkräftemangel. „Talente sind sehr heiß umworben“, sagt Singh. Doch die Cybersicherheitsanbieter könnten davon profitieren, dass andere Technologie-Unternehmen teils heftigen Gegenwind erfahren und in den Sparmodus schalten.

Branche hält sich recht stabil

Der Agentur Bloomberg zufolge ist der Index der Cybersicherheitsaktien zwar seit Jahresbeginn inklusive der Dividendenzahlungen um 21% gefallen, damit ist der Rückgang aber deutlich geringer als im breiteren Software-Index, der um 33% hinten liegt. Der Nasdaq-100-Index verlor 31%. Einstige Vorzeigeunternehmen verkündeten zuletzt Hiobsbotschaften: Mark Zuckerbergs Konzern Meta hat angekündigt, mehr als 11000 seiner zuletzt 87000 Mitarbeiter zu entlassen. Es ist der größte Stellenabbau in der Geschichte des Facebook-Konzerns. Nur wenige Tage zuvor hatte Elon Musk bei seinem Einstieg als neuer Eigentümer die Hälfte der Twitter-Belegschaft freigesetzt.

Dass das Wachstum in anderen Tech-Unternehmen sowie in einigen Start-ups einen Dämpfer erfahren hat, könnte die Personalsuche ein wenig entspannen. Das Gehaltsniveau in der Cybersicherheitsbranche sei vergleichsweise hoch, sagt Singh – aus einem einfachen Grund: „Wir müssen sicherstellen, dass wir besser sind als die hoch spezialisierten Angreifer. Dafür brauchen wir die besten Köpfe.“

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