Ministertreffen

EU-Staaten treiben Halbleiter-Förderung voran

Die zuständigen Minister einigen sich in Brüssel auf gemeinsame Positionen zu Halbleiter-Förderprogramm und Lieferkettengesetz. Dabei gerät auch der Finanzsektor in den Fokus.

EU-Staaten treiben Halbleiter-Förderung voran

rec Frankfurt

Die EU-Staaten haben sich in zentralen Vorhaben wie einem europaweiten Lieferkettengesetz und der Milliardenförderung der hiesigen Halbleiterindustrie geeinigt. In Brüssel beschlossen die zuständigen Mi­nis­ter gemeinsame Standpunkte für Verhandlungen mit EU-Parlament und EU-Kommission. Der sogenannte Chips Act hat gute Chancen, bald Realität zu werden. Beim hoch umstrittenen Lieferkettengesetz zeichnen sich dagegen noch eine Menge Streitpunkte ab.

Das Projekt eines Lieferkettengesetzes geht auf eine Initiative der EU-Kommission aus dem Frühjahr zurück. Sie will Unternehmen verpflichten sicherzustellen, dass deren Geschäftspartner im Ausland Menschenrechte wahren und Umweltstandards einhalten. Solche Sorgfaltspflichtengesetze gibt es inzwischen in mehreren EU-Ländern. Das deutsche Lieferkettengesetz tritt für große Unternehmen ab 1. Januar 2023 in Kraft. Die Pläne der EU-Kommission gehen deutlich über die deutschen Regeln hinaus, auch weil sie mehr Unternehmen erfassen.

Finanzsektor im Fokus

In den Fokus rückt dabei auch die Finanzbranche. Denn ob Sorgfaltspflichten für Banken und Finanzdienstleister gelten sollen, darüber gehen die Meinungen in Brüssel und den Hauptstädten auseinander. Be­treffen könnte das beispielsweise die Kreditvergabe der Banken. Die im Mi­nisterrat beschlossene Verhandlungslinie sieht nun vor, jeden EU-Staat­ selbst entscheiden zu lassen, ob und inwieweit er Banken und andere Finanzdienstleister in die Pflicht nimmt. Im deutschen Lieferkettengesetz ist der Finanzsektor außen vor.

Die von den EU-Staaten vereinbarte Verhandlungsposition schwächt den ursprünglichen Entwurf der EU-Kom­mission zum Umgang mit Finanzdienstleistern in der Lieferkettenrichtlinie ab. Eine von Frankreich angeführte Gruppe mehrerer EU-Staa­ten soll hier auf Ausnahmen gedrungen haben. Deutschland habe nicht dazu gehört, sagte der deutsche Verhandlungsführer Sven Giegold, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck, vor Beginn der Verhandlungen. Man werde einen Kompromiss aber auch nicht daran scheitern lassen, die Vorgaben für den Finanzsektor abzuschwächen. Kritik kommt nicht nur von Befürwortern strikter Sorgfaltspflichten, die sich in der Initiative Lieferkettengesetz zusammengeschlossen haben, sondern auch aus Teilen des EU-Parlaments.

Dort stellt man sich auf schwierige Verhandlungen ein. Denn die Vorstellungen der EU-Staaten, der EU-Kom­mission und wohl auch des Parlaments gehen auch in anderen Bereichen deutlich auseinander. So wollen die Minister erreichen, dass Sorgfaltspflichten nur für die vorgelagerte Lieferkette gelten – also für Zulieferer, nicht aber für Abnehmer von Produkten. Ein Bericht aus dem zuständigen Parlamentsausschuss hatte kürzlich Wirtschaftsverbände aufgeschreckt, weil die dort ausbuchstabierten Sorgfaltspflichten noch weit über das Vorhaben der EU-Kommission hinausgehen. Es dürfte allerdings noch Monate dauern, bis das Parlament für die Schlussverhandlungen Position bezieht.

Beschlossen haben die für Wettbewerb zuständigen Minister auch den sogenannten Chips Act. Ziel ist, den Weltmarktanteil europäischer Firmen im Halbleitergeschäft bis Ende des Jahrzehnts auf 20% zu verdoppeln. Dafür wollen EU-Kommission und EU-Staaten 43 Mrd. Euro an öffentlichem und privatem Kapital mobilisieren. Der Linken-Europaparlamentarier Martin Schirdewan wirft den Beteiligten vor, Steuergelder zu verschwenden. Anderen gehen die Pläne mit Blick auf ein noch umfangreicheres Förderprogramm der USA noch gar nicht weit genug.

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