Für die Nummer 4 ist kein Platz
Von Heidi Rohde, Frankfurt
Dass die United-Internet-Tochter 1&1 ihre Ausbauauflagen für das geplante 5G-Mobilfunknetz verfehlen würde, ist seit September vergangenen Jahres bekannt. Aber seit der Beirat der Bundesnetzagentur (BNetzA) in seiner jüngsten Sitzung nun einstimmig „die große Bedeutung der Versorgungsauflagen aus der vergangenen Frequenzauktion für die Mobilfunkversorgung in Deutschland“ bekräftigt hat, nährt die BNetzA selbst Spekulationen über empfindliche Strafzahlungen für 1&1.
Formal betrachtet können bis zu 50 000 Euro pro nicht in Betrieb genommenen Antennenstandort fällig werden. Das rechnet sich bei 1000 Mobilfunktürmen, die ursprünglich bis Ende 2022 errichtet sein sollten, schnell auf 50 Mill. Euro hoch. Dies allerdings nur, „wenn die Zielverfehlung von dem Unternehmen selbst zu vertreten ist“, wie es aus der Behörde nun offiziell heißt. Das werde nun geprüft. Die BNetzA hat sich bei entsprechenden Problemen anderer Netzbetreiber mit den Ausbauauflagen in den vergangenen Jahren immer sehr verständnisvoll gezeigt.
Bei 1&1 dürfte der Behörde nicht entgangen sein, dass die drei etablierten Netzbetreiber bisher wenig Interesse an einem vierten Player im Markt gezeigt haben. Der Lizenzerwerb und die vergünstigten Ausbaubedingungen für 1&1 bei der 5G-Netzerstellung sind ihnen ein Dorn im Auge. Schließlich war es zuvor erst mühevoll gelungen, den Markt von vier auf drei Teilnehmer zu verkleinern, indem Telefónica Deutschland – gegen Auflagen – die Übernahme des Wettbewerbers E-Plus durchbrachte. Eine Rolle rückwärts bringt da unerwünschten Konkurrenzdruck.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht unbedeutend, dass 1&1 bei möglichen Partnern unter den Funkturmbetreibern keine besondere Auswahl hat. Der Markt ist hierzulande nicht nur auf lediglich drei Anbieter beschränkt, sondern es gibt mit American Tower auch nur einen einzigen, der als unabhängig gelten darf. Dummerweise setzte 1&1 in den Verhandlungen über die nötigen Antennenstandorte für den Netzausbau auf den Wachstumsdruck der börsennotierten Vodafone-Tochter Vantage. Diese hat in Deutschland ihren mit Abstand größten Markt, wo der Umsatz jedoch weniger schnell wächst als in anderen Ländern.
Die zu über 80% von Vodafone kontrollierte Vantage sagte 1&1 das Gros der notwendigen Antennenstandorte zu – dem Vernehmen nach 850 von 1000. Dabei dürfte es sich zu einem übergroßen Teil um bestehende Mobilfunkmasten gehandelt haben, die von den Netzbetreibern wiederum vielfach in sogenannter Co-Location, also gemeinsam genutzt werden. Neubauten, die oft extrem lange Genehmigungsverfahren benötigen, werden nur wenige dabei gewesen sein.
Dafür geht es an den Co-Location-Standorten offenbar überwiegend so eng zu, dass für den Antennenschrank eines vierten Netzbetreibers kein Platz mehr ist. Jedenfalls hat Vantage Towers den Vertragspartner 1&1 wissen lassen, dass man statt 850 nur eine zweistellige Zahl an Antennenstandorten bereitstellen könne.
Die Erkenntnis kommt allerdings etwas überraschend, ebenso wie die Begründung: Lieferengpässe, Materialmangel, fehlende Fachkräfte. Damit dürften aber auch all jene zu kämpfen haben, die ihre Ausbauziele erreichen konnten. Ganz schlüssig ist das nicht.