Gutes Omen für den neuen Santander-Chef
Von Thilo Schäfer, Madrid
Héctor Grisi kann sich freuen. Seitdem er zu Beginn des Jahres offiziell seinen neuen Posten als CEO von Santander antrat, hat der Aktienkurs von Spaniens größter Bank um fast 6% zugelegt. Das ist sicherlich nicht der Verdienst des Mexikaners, denn dessen Berufung an die Spitze des Geldhauses geschah bereits vor einem halben Jahr. Doch ist es ein gutes Omen, da eine der Größenordnungen, an denen sich Grisi messen lassen muss, die Wiederbelebung des darbenden Aktienkurses ist.
Die Erwartungen an den neuen CEO sind nicht gering, nach der langen Suche der Vorsitzenden von Santander, Ana Botín, nach einem Spitzenmanager und dem Debakel der gescheiterten Verpflichtung des Italieners Andrea Orcel. Der 56-jährige Mexikaner hat als Leiter der Santander-Tochter in seinem Heimatland und zuletzt des gesamten Nordamerikageschäfts große Ergebnisse auf diesem wichtigen Markt vorzuweisen. Seit seiner Ernennung hat er sich mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten. Dieser Tage traf er jedoch einige wichtige Personalentscheidungen. Seine Zukunftspläne wird er wohl am 28. Februar auf dem Investor Day des spanischen Kreditinstituts ausbreiten.
Grisi ist schon der dritte CEO, seit Ana Botín 2014 den Vorsitz der Bank von ihrem plötzlich verstorbenen Vater übernommen hatte. Etwas überraschend ersetzte die Bankerin Javier Martín durch den damaligen CFO José Antonio Álvarez, der sich nun als Vize in den Aufsichtsrat zurückzieht. Im September 2018 gab Santander die Verpflichtung des damaligen Leiters des Investment Banking der Schweizer UBS, Orcel, bekannt. Doch dazu kam es nie und die Sache endete in einem schmutzigen Streit vor Gericht, das dem Italiener am Ende gut 50 Mill. Euro an Entschädigung zusprach.
Wie Orcel kommt auch Grisi aus dem Investment Banking. Er ist nun der erste Ausländer auf diesem Posten von Santander – der heimische Konkurrent BBVA hat mit dem Türken Onur Genç den Trend eingeleitet –, doch kommt er aus dem eigenen Haus. Er studierte Finanzwissenschaften in Mexiko-Stadt und arbeitete in verschiedenen Finanzinstituten in seiner Heimat. Bei Credit Suisse war Grisi 18 Jahre lang, zunächst zuständig für das Investment Banking und schließlich Chef der Mexiko-Tochter des Schweizer Geldhauses, bevor er 2015 die Tochter von Santander übernahm und größer machte.
„Er ist die perfekte Wahl, denn er kennt die beiden wichtigsten Kulturen von Santander, die angelsächsische und die Latino-Kultur“, erklärte Botín laut spanischer Wirtschaftsmedien auf einer internen Veranstaltung. Grisi selbst hat sich ebenfalls an die Mitarbeiter gerichtet und die Digitalisierung in den Fokus gestellt. „Wir verändern uns sehr schnell von einer Organisation, die auf das Produkt und das Filialnetz fokussiert ist, zu einer Omnichannel-Organisation mit Fokus auf den Kunden. Wir müssen dabei schneller sein“, lautete seine interne Botschaft.
In den letzte sechs Monaten pendelte Grisis zwischen Mexiko und Madrid und bereitete zusammen mit seinem Vorgänger Álvarez den Geschäftsplan für 2023 vor. Letzte Woche ernannte er seine rechte Hand in Mexiko, Ángel Rivera, zum neuen CEO für Santander-Spanien. Der gebürtige Madrilene untersteht dem Portugiesen António Simões, der das Spanien-Geschäft abgibt, aber Leiter für Europa bleibt.
In der neuen Rollenverteilung bleibt Botín Vorsitzende des Verwaltungsrates mit exekutiven Funktionen, vornehmlich verantwortlich für die Strategie. Grisi antwortet dem Gremium, dem er ebenfalls angehört, und führt das gesamte operative Geschäft. Analysten erwarten, dass der Mexikaner die Strategie der Bank besser verkaufen kann. Am 1. Februar kann er zum Einstieg das erwartete Rekordergebnis von rund 9 Mrd. Euro für 2022 präsentieren.