Kompass auf dem Prüfstand
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Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) nach langer Zeit ihre Strategie grundlegend überarbeitet hat, müssen Volkswirte ihre Modelle zur Analyse des EZB-Kurses auf den Prüfstand stellen. Das betrifft auch den EZB-Kompass der DekaBank. Deka-Analyst Kristian Tödtmann zeigt sich im Kommentar zum neuen Kompass – dem ersten nach Abschluss der Strategieüberprüfung – „verhalten optimistisch, dass der Kompass auch mit der neuen Strategie kompatibel ist“. Aufseiten der Konjunktur- und Inflationssäule sticht das neue Inflationsziel der EZB von glatt 2% statt den bisher angepeilten „nahe, aber unter 2%“ hervor. Die Anpassung scheint aber so graduell, dass Tödtmann die Auswirkungen auf die Kompasswerte für „gering“ hält. Ferner verweist er auf die nun „breitere monetäre und finanzielle Analyse“ der EZB als Basis für die Entscheidungen des EZB-Rats, wobei die geldpolitische Transmission, also die Übertragung der Geldpolitik auf Finanzmärkte und Konjunktur, im Fokus steht. „Genau dies war von Anfang an die Motivation für die Finanzierungssäule des EZB-Kompasses“, so Tödtmann. Maßgebliche Indikatoren sind die Kreditvergabe, die als Bank Lending Survey (BLS) bekannten vierteljährlichen Umfragen zum Kreditgeschäft der Banken (siehe Text auf dieser Seite), Zinsen für Bankkredite, Renditen für Unternehmensanleihen und die Bewertung von Aktien. „Die Berechnungsmethode des EZB-Kompasses erscheint somit nach wie vor plausibel.“ Unklar ist, für wie lange die EZB künftig nach Phasen niedriger Inflation über Ziel liegende Inflationsraten toleriert, bevor sie gegensteuert. Dies könnte zur Folge haben, „dass der zeitliche Abstand zwischen dem Verlauf des EZB-Kompasses und tatsächlichen Änderungen der Geldpolitik größer wird als in der Vergangenheit.“