Freihandel

London blickt weit nach Osten

Großbritannien steht vor dem Beitritt zum transpazifischen Handelsabkommen CPTPP. Kommt es dazu, ist der Rückweg in die EU-Zollunion verbaut. Zugleich gibt es Hoffnung auf Zugang zum US-Markt durch die Hintertür.

London blickt weit nach Osten

hip London

Noch wird offenbar um letzte Einzelheiten gerungen, doch der Beitritt des Vereinigten Königreichs zum Comprehensive & Progressive Agreement for Trans Pacific Partnership (CPTPP) steht unmittelbar bevor. Britischen Medienberichten zufolge soll er am Freitag bekannt gegeben werden. „Wir haben fantastische Fortschritte in den Verhandlungen über CPTPP gemacht“, sagte Premierminister Rishi Sunak bei einem Besuch der britischen Atombehörde. Man sei aber noch nicht am Ziel. „Aber wenn man einen Schritt zurück tut, ist unsere Fähigkeit, aufregende Handelsabkommen in aller Welt zu unterzeichnen, ein großer Vorteil aus dem Brexit.“ Sunak hatte sich einst für den Austritt aus der EU ausgesprochen. Großbritannien wäre das erste neue Mitglied seit Gründung des Handelsblocks vor fünf Jahren. Es wäre zudem das erste Land, das sich nicht in der Asien-Pazifik-Region befindet.

Für Sunak und Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch wäre ein Deal ein großer Erfolg auf der Weltbühne. Die CPTPP-Staaten haben zusammen mit dem Vereinigten Königreich ein vergleichbares wirtschaftliches Gewicht wie die EU ohne Großbritannien und Nordirland. Zudem würde ein Beitritt die Hoffnung auf Zugang zum US-Markt durch die Hintertür eröffnen. Denn unter Führung der Demokraten können sich die Vereinigten Staaten vielleicht wieder für den Freihandel im Asien-Pazifik-Raum erwärmen, nachdem Donald Trump den Verhandlungsprozess 2017 abrupt beendet hatte. Die Hoffnung auf ein bilaterales Freihandelsabkommen mit Washington hat man in London mehr oder weniger aufgegeben – nicht allein wegen der ablehnenden Haltung von Joe Biden gegenüber Brexit Britain, sondern auch wegen des zu erwartenden öffentlichen Aufschreis gegen Chlorhühnchen, Hormonfleisch und den vermeintlichen Ausverkauf des öffentlichen Gesundheitswesens NHS. Bleiben die USA dem CPTPP fern, ist der Nutzen eines Beitritts begrenzt. Wie das UK Trade Policy Observatory ermittelte, tragen die Mitgliedstaaten zwar einen nicht unwesentlichen Teil zum britischen Außenhandel bei (siehe Grafik). Mit vielen von ihnen unterhält das Land aber bereits Freihandelsabkommen. Im Verhandlungsprozess mit dem Handelsblock gab es immer wieder Rückschläge, vor allem wenn es um den Zugang zum britischen Markt für landwirtschaftliche Erzeugnisse, insbesondere Fleisch, ging. Bevor Schatzkanzler Jeremy Hunt diesen Monat seinen Haushalt vorstellte, hieß es, der Beitritt Großbritanniens könne sich deshalb verzögern. Es ist also nicht in Stein gemeißelt, dass schon am Freitag eine Einigung erzielt wird.

Kein Weg zurück in die EU

Aus Sicht von Shanker Singham, dem CEO der Beratungsgesellschaft Competere, wäre eine Mitgliedschaft nicht möglich, wenn es den Brexit nicht gegeben hätte. „Der Beitritt würde bedeuten, dass das Vereinigte Königreich der EU-Zollunion nicht wieder beitreten könnte“, schrieb der ehemalige Berater des Außenhandelsministeriums in einem Gastbeitrag für den „Telegraph“. „Er würde den Punkt markieren, an dem der Brexit nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.“ Das CPTPP-Abkommen setze voraus, dass Mitglieder die Kontrolle über ihr aufsichtsrechtliches System haben. Eine dynamische Anpassung der britischen Regulierung an die der EU wäre nicht machbar, außer wenn die EU-Regulierung den Anforderungen der CTPP entspreche. Das Abkommen wurde mit Blick darauf entworfen, den Export von Produkten kleiner und mittlerer Unternehmen einfacher und billiger zu machen. Es dreht sich um klassische Maßnahmen wie die Abschaffung von Zöllen und Quoten. Dabei ist es nicht besonders restriktiv. In Großbritannien hofft man auf mehr digitales Geschäft, mit Finanzdienstleistungen etwa, oder im E-Commerce. Dabei müsste man sich nicht an die EU-Datenschutzrichtlinie GDPR halten, denn der Datenschutz ist Sache der Mitgliedstaaten.

Kate Andrews vom britischen Magazin „Spectator“ betont einen anderen Punkt: Die Mitgliedsstaaten haben ein Veto, wenn es um den Beitritt weiterer Länder geht. Damit könne Großbritannien im Falle eines Verhandlungserfolgs die Aufnahme der Volksrepublik China verhindern – vielleicht der wichtigste Aspekt einer CPTPP-Mitgliedschaft.

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