Die Versicherer haben bislang relativ wenige Schadenmeldungen erhalten, die in direktem Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen. Grund zur Entspannung ist das nicht: Denn der Großteil der Versicherungsschäden, die praktisch ausschließlich auf Spezialmärkte entfallen, dürfte sich erst in einigen Jahren konkretisieren. Zuvor sind viele rechtliche Fragen noch zu klären.

S&P beziffert das Kriegsschadenvolumen, das die führenden Rückversicherer bislang erreicht hat, auf 1,4 Mrd. Dollar. Das liegt deutlich unter den Schätzungen, die von den Ratingagenturen veröffentlicht worden sind. So hatte Fitch im März ein Worst-Case-Szenario aufgestellt, das von bis zu 10 Mrd. Dollar Schaden allein für den besonders betroffenen Luftfahrtsektor ausgeht. Denn russische Fluggesellschaften haben mehr als die Hälfte ihrer Flotte gemietet. Die Flugzeuge gehören ausländischen Leasing-Gesellschaften. Die Maschinen hängen zum Teil in Russland fest. Anders als im übrigen Versicherungsmarkt, wo Kriegsklauseln den Versicherungsschutz begrenzen, sind im Aviation-Bereich spezielle Kriegsdeckungen durchaus verbreitet.

S&P-Analyst Johannes Bender schätzt, dass sich die konkrete Höhe der direkten Versicherungsschäden aus dem Ukraine-Krieg erst in einigen Jahren herausstellen wird, da viele Rechtsstreitigkeiten die Abwicklung der Fälle verzögern. S&P geht in einem Basisszenario von 16 Mrd. Dollar versicherter Schäden im Ukraine-Krieg aus. Davon könnten 6 Mrd. Dollar auf die Luftfahrt und der Rest auf andere Spezialversicherungen entfallen. Etwa die Hälfte davon würde voraussichtlich auf die Rückversicherer entfallen. Stärker gefürchtet werden allerdings indirekte Kriegsschäden aus verstärkten Cyberattacken.