Zinsanstieg entlastet Unternehmen
sar Frankfurt
Die Notenbanken verschaffen den Unternehmen in Dax und MDax beim Thema Pensionsverpflichtungen Rückenwind: Die Zinsanhebungen entlasten die Konzerne, der Ausfinanzierungsgrad bei den Pensionen erreicht Rekordniveaus. Zu diesem Ergebnis kommt die Modellberechnung „German Pension Finance Watch Q3/2022“ von WTW.
Der anzusetzende Rechnungszins sei zwar mit 3,76% im langjährigen Vergleich immer noch niedrig, gegenüber dem zweiten Quartal ist er aber um 44 Basispunkte gestiegen. Die Pensionsverpflichtungen sind entsprechend im Sinkflug: Zum Ende des dritten Quartals mussten die Dax-Unternehmen 282 Mrd. Euro in ihren Bilanzen ansetzen, ein Rückgang um 5,9% zum zweiten Quartal. Im MDax summierten sich die Pensionsverpflichtungen per Ende September auf 55,2 Mrd. Euro und sind 5,8% niedriger als im Vorquartal.
Zwar sind zuletzt auch die Pensionsvermögen etwas unter Druck geraten, allerdings in weitaus geringerem Ausmaß als die Pensionsverpflichtungen. Aufgrund der volatilen Kapitalmärkte sanken die Pensionsvermögen im Dax auf 244,2 Mrd. Euro (−4,6%), im MDax fielen sie um 5% auf 42,2 Mrd. Euro.
Ein neues Rekordniveau hat WTW für den Ausfinanzierungsgrad ermittelt, der das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen angibt: Er stieg erneut leicht auf „noch nie dagewesene“ 86,6% im Dax und 76,5% im MDax, so die aktuelle Modellrechnung.
„Der Zinsanstieg entlastet die Unternehmen im Hinblick auf ihre Pensionswerke erheblich“, sagt Hanne Borst, Leiterin Retirement bei WTW Deutschland. „Aktuell sind mehr als vier Fünftel der Pensionsverpflichtungen der Dax-Unternehmen mit spezifisch für die Pensionszahlungen reserviertem Vermögen bedeckt – das ist ein historischer Höchststand.“ Borst geht davon aus, dass die Pensionsverpflichtungen zum Geschäftsjahresende 2022 einen „deutlich höheren“ Ausfinanzierungsgrad als im Vorjahr aufweisen werden.
Die Inflation hat in der Betrachtung einen geringeren Einfluss. Während das Statistische Bundesamt für die Inflationsrate in Deutschland per Ende September ein Plus von 10% gegenüber dem Vorjahr ausweist, werden für die Pensionsverpflichtungen die Inflationserwartungen über einen längeren Zeitraum, nämlich die Duration der Verpflichtungen, zugrundegelegt. Diese Inflationserwartung beläuft sich laut WTW beispielsweise für eine Laufzeit von rund 15 Jahren auf etwa 2,3%. „Pensionsansprüche werden erst in der Zukunft und über einen längeren Zeitraum ausgezahlt. Hier wird die aktuelle Inflation zwar berücksichtigt, aber in der langjährigen Perspektive schlagen die aktuell hohen Werte weniger stark zu Buche“, sagt Borst.
Johannes Heiniz, Leiter General Consulting Retirement bei WTW, sieht gerade in großen Unternehmen den Ansatz, Pensionszusagen mit der Wertentwicklung der Pensionsvermögen am Kapitalmarkt zu verknüpfen. Die Beschäftigten könnten so von einer Wertentwicklung der Vermögen am Kapitalmarkt profitieren. „Kurzfristige Schwankungen können meist aufgrund der langfristigen Anlagehorizonte – in der Regel Jahre oder sogar Jahrzehnte – sowie durch intelligent konzipierte Puffermechanismen ausgeglichen werden.“