130 Mrd. Euro für Reinvestments

EZB-Daten geben Orientierungspunkt für Zusammensetzung künftiger Anleihekäufe

130 Mrd. Euro für Reinvestments

Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte in den nächsten zwölf Monaten Gelder aus fällig werdenden Anleihen in Höhe von rund 130 Mrd. Euro neu investieren. Das geht aus gestern veröffentlichten Schätzungen der Zentralbank hervor. Allerdings belegen diese auch, dass es zu großen Schwankungen bei den Reinvestitionen zwischen den Monaten kommen könnte.jw Frankfurt – Noch bis Ende dieses Jahres kauft die EZB Wertpapiere im Wert von 60 Mrd. Euro pro Monat (Quantitative Easing, QE). Ab Januar 2018 werden die Käufe dann auf 30 Mrd. Euro pro Monat halbiert. In Zukunft dürften die Reinvestitionen der fällig werdenden Anleihen daher eine größere Rolle in der lockeren Geldpolitik der Notenbank spielen. Neben den monatlichen QE-Nettokäufen reinvestiert die EZB auch das Geld aus fällig werdenden Anleihen. Gestern veröffentlichte die Notenbank zum ersten Mal eine Schätzung über die Volumina der auslaufenden Papiere der nächsten zwölf Monate. Aus der Liste lässt sich erkennen, dass die EZB im Schnitt rund 10 Mrd. Euro monatlich reinvestieren wird, allerdings variieren die monatlichen Mengen stark.Im Oktober reinvestierte die EZB 9,9 Mrd. Euro. Im November sind es 3,1 Mrd. Euro, wovon die EZB 2,2 Mrd. Euro in öffentliche Schuldtitel reinvestiert. Dafür reinvestiert sie aber beispielsweise im April nächsten Jahres 24,3 Mrd. Euro. Die Reinvestitionen, die Teil des Anleihekaufprogramms von 2,55 Billionen Euro sind, werden im April mit 24,3 Mrd. Euro ihren Höhepunkt erreichen. Der niedrigste monatliche Gesamtwert liegt im August 2018 bei 2 Mrd. Euro.Die überwiegende Mehrheit der Reinvestitionen – 101,5 Mrd. Euro – wird in Staatsanleihen investiert, während “Covered Bonds” im Wert von 18 Mrd. Euro und forderungsbesicherte Wertpapiere im Wert von 7 Mrd. Euro fällig werden. Aus Staatsanleihen fällige Barbeträge werden innerhalb von zwei Monaten im selben Land wie die ursprüngliche Anleihe reinvestiert, sofern die Marktbedingungen dies zulassen, so die EZB.Bei ihren QE-Nettokäufen hat die EZB im Oktober Wertpapiere für 62,4 Mrd. Euro gekauft und damit ihr Ziel leicht überschossen. Damit liegt das Gesamtvolumen der Wertpapierkäufe im Oktober nun bei 2,12 Bill. Euro – der Anteil von Staatsanleihen und anderen öffentlichen Schuldtiteln beträgt 1,79 Bill Euro.Mit den Anleihekäufen will die EZB für mehr Inflation sorgen. Im Oktober lag die Teuerung im Euroraum mit 1,4 % immer noch weit von dem EZB-Ziel einer Inflationsrate von unter, aber nahe 2 % entfernt. Manche Ökonomen fragen sich daher, inwiefern die Notenbank mit dem breit angelegten Anleihekaufprogramm die Inflation noch nachhaltig steuern kann. Stark mahntAus Sicht des früheren EZB-Chefvolkswirts Jürgen Stark etwa sollte die Notenbank ihr Inflationsziel aufgeben. “Die EZB muss akzeptieren, dass die Inflation in der Zukunft niedriger sein kann, als wir es gewöhnt waren”, sagte Stark der Nachrichtenagentur Reuters am Rande einer Veranstaltung in Den Haag. Dann müssten die Währungshüter auch nicht mehr die Finanzmärkte verzerren. Stark zufolge zählen möglicherweise die zunehmende Globalisierung und technologische Neuerungen zu den Faktoren, welche die Inflation nachhaltig dämpfen. Ein enges Ziel würde daher zu immer mehr Notenbank-Interventionen führen. “Eine Zentralbank kann die Inflationsrate nicht so feinjustieren, wie es die EZB zu tun versucht.” Der Vorschlag des früheren Bundesbankvorstands an die Euro-Wächter: “Akzeptiert eine geringere Inflation, so dass ihr nicht die Marktwirtschaft schädigt.”