54 Mrd. Euro für Frankreichs Zukunft
Frankreichs Zukunfts-Investitionsprogramm
54 Mrd. Euro für Frankreichs Zukunft
Generalsekretär Bonnell präsentiert Details des Investitionsprogramms France 2030
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Von Gesche Wüpper, Paris
Das Modell einer Rakete, daneben ein Flugzeug und die Comicfiguren Pif und Hercule: Der Kaminsims im Büro von Bruno Bonnell im Pariser Sécrétariat général pour l’investissement (SGPI) gleicht einem bunten Sammelsurium. Und doch ist er Programm. Denn die Modelle und Figuren, die dort stehen, haben alle etwas mit France 2030 zu tun, dem milliardenschweren Investitionsplan, für den Emmanuel Macron Ende 2021 den Startschuss gegeben hat, um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone fit für die Zukunft zu machen.
Verantwortlich für die Durchführung des Investitionsprogramms ist Bonnell. „Von den 54 Mrd. Euro, die dafür vorgesehen sind, sind bereits 31 Mrd. Euro genehmigt“, berichtet er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Gelder verteilen sich auf 4.000 Projekte, an denen 5.500 Unternehmen beteiligt sind. „50% davon sind kleine Unternehmen“, sagt der frühere Chef und Gründer des Videospielherstellers Infogrames. „50% der ausgewählten Unternehmen sitzen außerhalb von Paris.“ In einem zentralisierten Land wie Frankreich ist das keine Selbstverständlichkeit.
Fünf Schwerpunkte
France 2030 soll Antworten auf die großen Herausforderungen wie die Dekarbonisierung geben. „Das Programm soll dafür präzise Gegenstände definieren“, erklärt Bonnell. So will Frankreich bis 2030 über ein emissionsfreies Flugzeug verfügen, zwei Millionen Elektro- und Hybridfahrzeuge produzieren, einen kleinen EPR-Druckwasserreaktor und Quantencomputer bauen. „Anstatt zu sagen, wir investieren in diesen oder jenen Bereich, setzen wir konkrete Ziele.“ Für den Quantencomputer habe France 2030 fünf Unternehmen ausgewählt. Das bedeute aber nicht, dass am Ende fünf verschiedene Computer gebaut würden, sagt Bonnell.
Das Investitionsprogramm unterstützt Projekte aus fünf Oberkategorien: Gesundheit, Dekarbonisierung, digitale Unabhängigkeit, wozu künstliche Intelligenz (KI) und Cybersicherheit gehören, sowie Innovationen, die neue Grenzen eröffnen, beispielsweise im All, in der Quantenphysik oder auf dem Grund der Tiefsee. Unter dem Oberbegriff Kenntnisse wiederum sind Projekte aus Bildung und Kultur zusammengefasst.
Allein auf KI-Projekte entfallen bereits jetzt fast 2,5 Mrd. Euro. Die noch nicht gebundenen 24 Mrd. Euro dürften helfen, weiter massiv in Unternehmen aus diesem Bereich zu investieren. KI habe für Frankreich strategische Priorität, betonte Präsident Macron gerade erneut, als er die Start-up-Messe Vivatech in Paris besuchte und dort die Gewinner einer Ausschreibung von France 2030 bekannt gab.
Frankreich müsse bei dieser Revolution von Anfang an mit dabei sein, sagt Bonnell.
Frankreich hat auf Dienstleistungen gesetzt
Um zu verdeutlichen, warum das von ihm verwaltete Investitionsprogramm für Frankreich so wichtig ist, zieht er den Vergleich zu Deutschland. „Seit den 80er Jahren hat Frankreich 600 Fabriken verloren“, erklärt er. „Deutschland hat niemals aufgehört, auf die Industrie zu setzen. Aber in Frankreich gab es damals die verrückte Idee, zu denken, dass man nur von Dienstleistungen leben könnte, ein Land ohne Fabriken haben könnte.“
Da Frankreich damals noch von den großen Programmen der früheren Jahrzehnte wie dem TGV, der Concorde und den Atomkraftwerken gezehrt habe, sei zunächst nicht aufgefallen, dass das ein Fehler war. Ende 2012 dann bedauerte der frühere Airbus-Chef Louis Gallois in einem im Auftrag der Regierung erstellten Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs, dass der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung von 18% im Jahr 2000 auf 12,5% gesunken sei. Während der Covid-Pandemie sei dann das Bewusstsein gekommen, dass man einen Fehler gemacht habe. „Natürlich sagen jetzt einige, dass die Staatsverschuldung hoch ist“, so Bonnell. „Aber wir müssen jetzt in die Zukunft investieren, denn die Frage ist, wie Frankreich und Deutschland in 30 Jahren aussehen werden.“