Abbau des Soli bleibt umstritten

Expertenrat reicht von kompletter Streichung bis zu Integration in Steuertarif

Abbau des Soli bleibt umstritten

wf Berlin – Die geplante Abschaffung von Teilen des Solidaritätszuschlages birgt nach Auffassung des Bundesrechnungshofs große Haushaltsrisiken. Die Gefahr einer milliardenschweren Steuerrückzahlung sei “nicht von der Hand zu weisen”, machte ein Vertreter des Rechnungshofs in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Bundestags deutlich. Die Kontrolleure des Bundes sind überzeugt, dass eine Ergänzungsabgabe wie der Soli nur für die begrenzte Zeit erhoben werden darf, in der ein besonderer Finanzbedarf zu decken ist. Ein zeitlich unbegrenztes Zuschlagsrecht auf Steuern sei im Grundgesetz nicht vorgesehen.Der Bundestags-Finanzausschuss in Berlin hatte Experten zur Beratung des Regierungsentwurfs eingeladen. Die Bundesregierung will den Solidaritätszuschlag auf die Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer auf niedrigen und mittleren Einkommen streichen. Die Freigrenze soll von derzeit 972 Euro (Verheiratete: 1 944 Euro) auf 16 956 (33 912) Euro steigen. Das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag wird nach der jüngsten Steuerschätzung 2021 die Marke von 20 Mrd. Euro überschreiten. Laut Gesetzentwurf soll der Abbau eines Teils des Soli im ersten Jahr, 2021, zu Steuerausfällen von 9,8 Mrd. Euro und 2022 von rund 11,3 Mrd. Euro führen. Die Einnahmen stehen allein dem Bund zu. Die Union und die SPD vereinbarten im Koalitionsvertrag, den Soli für 90 % der Zahler abzuschaffen. Faktisch fällt damit rund die Hälfte des Aufkommens aus, da die oberen 10 % der Einkommen die andere Hälfte tragen. Darunter sind auch viele Unternehmen, da der Zuschlag auch Personen- und Kapitalgesellschaften trifft. Dissens zu oberen EinkommenDie vom Ausschuss geladenen Experten waren sich dem Nachrichtendienst des Bundestags zufolge einig, dass die teilweise Abschaffung des Soli – 25 Jahre nach seiner Einführung zur Finanzierung der Einheit – ein Schritt in die richtige Richtung sei. Die Meinungen, wie dies gelöst werden soll, gingen aber weit auseinander. Die Vorschläge reichten von der kompletten Abschaffung bis zu einer Integration in den Einkommensteuertarif. Die CDU hatte beim Parteitag Ende 2018 die völlige Abschaffung beschlossen. Die SPD ist dagegen. Im Zuge der Föderalismusreform hatte sie diskutiert, den Soli als eine Art Reichensteuer in der Einkommensteuer aufgehen zu lassen. Grundgesetz im Visier Unter den Sachverständigen plädierte Rainer Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, für eine völlige Abschaffung des Soli. Dieselbe Haltung vertrat der Präsident der Handwerkskammer aus München und Oberbayern, Franz Xaver Peteranderl. Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW sprach sich dafür aus, den Zuschlag auf hohe Einkommen in den Einkommensteuertarif einzubeziehen. Ähnlich argumentiert das Institut IMK der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Der frühere Finanzrichter Michael Balke hält den Soli für verfassungswidrig. Einer der Gründe: Besserverdienende, die ohnehin die Hauptlast schulterten, müssten weiterhin zahlen.