Abschied von einem Veteranen der Eurogruppe
Von Andreas Heitker, BrüsselIm Kreise der Euro-Finanzminister gehört er sicherlich zu den erfahrensten Politikern: Der französische Sozialist Pierre Moscovici hat bereits vor gut sieben Jahren an seiner ersten Eurogruppe teilgenommen. Damals, im Juli 2012, war er ebenfalls noch Finanzminister seines Landes gewesen. Ab Ende 2014 war der heute 62-Jährige dann als EU-Wirtschaftskommissar bei den Treffen dabei. Moscovici hat mittlerweile mehr als 80 Eurogruppen-Sitzungen auf dem Buckel. Sollte sich die Amtseinführung der neuen EU-Kommission, der er nicht mehr angehört, nicht doch noch verzögern, wäre die Eurogruppe, die am vergangenen Mittwoch in Luxemburg um kurz vor Mitternacht zu Ende gegangen ist, wohl seine letzte gewesen.Drei Eurogruppen-Präsidenten hat Moscovici erlebt: Jean-Claude Juncker, Jeroen Dijsselbloem und Mario Centeno. Alle drei hätten “große Qualitäten” gehabt, findet der Franzose. Die Bedeutung und der Einfluss der Eurogruppe hätten mit der Zeit immer weiter zugenommen. Und er erwarte, dass dieser Trend auch nach seinem Ausscheiden anhalte.Seine letzte Sitzung am Mittwoch, auf der die Minister das Eurozonen-Budget festgezurrt hatten, bezeichnete Moscovici als “sehr produktiv”. Andere Treffen in den vergangenen Jahren hätten sich aber auch mal in die Länge gezogen oder seien “frustrierend” gewesen seien. Moscovici verhehlt auch im Nachhinein nicht, dass er die Entscheidungen der Finanzminister längst nicht immer gutgeheißen hat. Bei der Vertiefung der Währungsunion hätte man beispielsweise ehrgeiziger vorgehen müssen, ist er sich sicher.Und welche Sitzungen wird er wohl kaum vergessen? Die dramatischen Treffen zum Höhepunkt der Griechenland-Krise im Sommer 2015. “Da standen wir wirklich am Abgrund”, sagt Moscovici. Er sei stolz darauf, dass ein Grexit damals so gerade noch habe verhindert werden könnten – auch wenn die Entscheidungen zu Griechenland “schneller und auf eine demokratischere Art und Weise” hätten getroffen werden können, wie er findet.Sein Leben wird sich mit dem Ausscheiden aus der Kommission ändern. Moscovici war schon mit verschiedenen neuen Aufgaben in Verbindung gebracht worden. Er dürfte aber auch mehr Zeit für seinen kleinen Sohn haben. Erst mit 61 Jahren ist der Politiker zum ersten Mal Vater geworden.Es dürfte sich aber noch etwas ändern: Heute werde er auf der ganzen Welt vor allem von italienischen Journalisten verfolgt, erzählte Moscovici in Luxemburg. Egal wohin er reise: “Da steht immer ein italienischer Journalist, der mich zu Italien befragt – egal, welche Regierung in Rom gerade im Amt ist”. In Frankreich, so bemerkte Moscovici, sei man ein ehemaliger Minister, wenn man hinten in eine Limousine einsteige und diese dann nicht losfahre. “Ich werde ein ehemaliger EU-Kommissar sein, wenn ich irgendwo rausgehe und dort kein italienischer Journalist mehr steht, der mich fragt, wie es mir und wie es Italien geht.”