Abstimmung über Hellas-Hilfen

Finanzminister und Parlamente sind am Zug - Athens Regierung kämpft um Zustimmung

Abstimmung über Hellas-Hilfen

Die europäischen Finanzminister und Parlamente bereiten sich auf ihr Votum über ein drittes Hilfspaket für Athen vor. Die griechische Wirtschaft zeigte im zweiten Quartal überraschend Wachstum.BZ Berlin – Aus den Euro-Staaten kommen positive Signale für die Unterstützung eines dritten Hilfspakets für Griechenland. In Finnland gab der zuständige Parlamentsausschuss dem finnischen Finanzminister Alexander Stubb grünes Licht, wie die Nachrichtenagentur dpa-afx meldete. “Es ist ein starkes Mandat”, sagte Stubb vor Journalisten. Finnland gehört zu den größten Kritikern der Finanzhilfen an Griechenland.Die estnische Regierung hat für Dienstag eine Sondersitzung des Parlaments in Tallinn erbeten, um über das Hilfspaket abstimmen zu lassen. Wie auch in Deutschland und Portugal müssen dort die Abgeordneten zustimmen, damit neues Geld fließen kann. In Berlin informierte Bundestagspräsident Norbert Lammert die 631 Abgeordneten per Mail über eine mögliche Sondersitzung am Dienstag oder Mittwoch. Dabei ließ er offen, ob es dazu kommt.Das Bundesfinanzministerium prüft derzeit noch das auf Expertenebene erzielte Verhandlungsergebnis zwischen Griechenland und seinen internationalen Gläubigern. Danach ist offen, ob die Entscheidung rechtzeitig fällt, damit Athen am 20. August die fälligen 3,2 Mrd. Euro an die Europäische Zentralbank zahlen kann. Andernfalls ist eine weitere Brückenfinanzierung geplant.Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) bemühte sich, unterschiedliche Bewertungen in der schwarz-roten Regierung zur Qualität der Vereinbarung mit Athen herunterzuspielen: “Wir ziehen da sehr an einem Strang”, sagte er im Deutschlandfunk. Diskussionsbedarf gebe es noch bei der Ausgestaltung des geplanten Privatisierungsfonds und der Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF). Während Kanzleramt und Wirtschaftsministerium positive Ansätze im Memorandum of Understanding hervorgehoben hatten, wies das Finanzministerium auf einige Mängel hin. Vor allem in der CDU/CSU-Fraktion ist die Zahl der Skeptiker gegenüber weiteren Hilfen groß. 60 der 311 Abgeordneten der Fraktion hatten schon gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein weiteres Paket gestimmt.Das auf drei Jahre ausgelegte Hilfsprogramm für Hellas soll ein Gesamtvolumen von 91,7 Mrd. Euro haben. Die Nachrichtenagentur Reuters beruft sich dabei auf die Angaben eines Insiders. Demnach setzt sich die Summe aus 85,5 Mrd. Euro Finanzhilfen und 6,2 Mrd. Euro Privatisierungserlösen zusammen. Die erste Auszahlungsrate im August solle 23,0 Mrd. Euro umfassen. Die Eurofinanzminister wollen heute über das Hilfsprogramm beraten.Griechenlands Wirtschaft zeigte sich unterdessen in überraschend guter Verfassung. Das Bruttoinlandsprodukt sei von April bis Juni um 0,8 % zum Vorquartal gestiegen, teilt das Statistikamt in Athen mit. Ökonomen hatten ein Minus von 0,6 % erwartet. Auch der Jahresauftakt fiel revidierten Daten zufolge besser aus als angenommen. Statt des zunächst gemeldeten Rückgangs um 0,2 % blieb die Wirtschaftsleistung stabil. Gründe für das gute Abschneiden nannten die Statistiker nicht. Ökonomen verwiesen auf Konjunkturindikatoren wie Konsum, Industrieproduktion und Tourismus, die sich robust zeigten.Erste Reformschritte standen im Parlament in Athen in der Nacht zur Abstimmung. Der Finanzausschuss billigte bereits am Abend zuvor das neue Hilfsprogramm und die damit verbundenen Sparauflagen. Ministerpräsident Alexis Tsipras verfügt über keine eigene Mehrheit, kann aber auf die Stimmen der Opposition bauen. Gerechnet wird wieder mit bis zu 40 Abweichlern unter den 162 Abgeordneten des Regierungslagers. Sollten aber weniger als 120 Abgeordnete aus dem Koalitionslager dafür stimmen, wäre die in der Verfassung definierte Schwelle für den Vertrauensverlust einer Minderheitsregierung, wie sie Tsipras faktisch führt, erreicht. Neuwahlen wären dann unausweichlich.