Adoboli kämpft gegen Abschiebung
Von Benjamin Triebe, LondonMehrere Jahre saß Kweku Adoboli im Gefängnis, weil er mit unerlaubten Geschäften den größten Handelsverlust der britischen Bankgeschichte anrichtete. Jetzt rückt seine Ausweisung nach Ghana näher. Adoboli stehen aufreibende Monate bevor. An diesem Montag hatte der ehemalige Trader der Schweizer UBS noch Glück: Als er die Polizeiwache in seinem schottischen Wohnort Livingston betrat, konnte er nicht sicher sein, ob er sie verlassen würde. Doch Adoboli trat als freier Mann vor die Tür, wie sich am Abend herausstellte. Wie oft sich das wiederholen wird, ist offen. Monatlich muss sich der Ex-Investmentbanker bei der Polizei melden, weil er nur auf Bewährung auf freiem Fuß ist. Adoboli hatte 2011 im Londoner Büro der UBS mit eigenmächtigen Handelsgeschäften einen Schaden von 2,3 Mrd. Dollar angerichtet. Der damalige UBS-CEO Oswald Grübel trat zurück. Adoboli wurde wegen Betrugs und Missbrauchs seiner Position 2012 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Behörden wollen ihn jetzt in sein Geburtsland Ghana abschieben.Adobolis Haftstrafe wurde wegen guter Führung nach dreieinhalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt. 2015 durfte er das Gefängnis verlassen, aber die Straferleichterung schützt ihn nicht vor einer Abschiebung: Die droht in Großbritannien allen Ausländern, die zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt werden. In Adobolis Fall leitete das Innenministerium schon 2014 die nötige Prozedur ein. Ihm wird zum Verhängnis, dass er sich vor dem Strafprozess nicht im Vereinigten Königreich einbürgern ließ, obwohl es einfach gewesen wäre: 1980 geboren, verließ er Ghana bereits im Alter von vier Jahren mit seiner Familie; der Vater arbeitete als Diplomat für die Vereinten Nationen im Nahen Osten. Mit zwölf Jahren kam Adoboli nach Großbritannien, besuchte dort die Schule, studierte an der Universität von Nottingham und begann ab 2006 bei der UBS in London. Er behielt stets die ghanaische Staatsbürgerschaft.Inzwischen ist Adoboli 38 Jahre alt, und die Chancen auf einen Verbleib auf der Insel stehen immer schlechter. Seine Berufung gegen den Abschiebebescheid des Innenministeriums war Ende Juni in letzter Instanz abgelehnt worden, in der vergangenen Woche auch der Antrag auf eine Überprüfung. Der juristische Prozess ist so weit fortgeschritten, dass Adoboli zwar noch weitere Eingaben machen kann, das Innenministerium ihn aber bereits festnehmen lassen darf. Unterstützt wird er von einer schottischen Parlamentsabgeordneten. Sie konnte eine Verhaftung am Montag offenbar abwenden, indem sie die Behörden überzeugte, es bestehe keine Fluchtgefahr. Die Parlamentarierin hat auch an Premierministerin Theresa May geschrieben und argumentiert, es gebe ein öffentliches Interesse, Adoboli nicht abzuschieben. Tatsächlich braucht es triftige Gründe, damit der gebürtige Ghanaer bleiben kann. Seine Hinweise, dass er sehr “britisch” sei und sich seinen hiesigen Freunden stärker verbunden fühle als den Verwandten in seinem Geburtsland, dürften nicht ausreichen. Adoboli betont deshalb seit Jahren, er habe sich gewandelt. Er spricht auf Seminaren und Konferenzen über seine Fehler und sagt, er wolle dazu beitragen, dass junge Banker seine Irrtümer nicht wiederholen. So geläutert sei er ein Gewinn für die britische Gesellschaft, argumentieren seine Unterstützer. Adoboli richtete damals eine Schattenbuchhaltung ein, mit der er die Risiken seiner Transaktionen mit Aktienindizes wie dem Dax und dem S & P 500 verschleierte. Der Richter attestierte Adoboli seinerzeit eine starke Spielneigung, der Banker erhielt ein Berufsverbot. Adoboli führt das Verbot heute als weiteren Grund an, warum er keine Gefahr darstelle. Noch hat sich das britische Innenministerium davon nicht erweichen lassen.