Aktiensteuer von Scholz fällt durch
Herbe Kritik erntet Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hierzulande für seinen Entwurf einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Kleinanleger würden belastet, Spekulanten dagegen nicht, so die Begründung. Die Steuer soll von 2021 auf Aktienkäufe fällig werden, nicht aber auf Derivate wf Berlin – Der Vorschlag zu einer europäischen Finanztransaktionssteuer widerspricht den selbst gesetzten Kriterien der großen Koalition, bemängelte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) am Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). “Nicht Spekulanten, sondern die kleinen Aktiensparer werden zur Kasse gebeten”, hielt Schäfer fest. Verfehlt werde das Ziel, Spekulationen einzudämmen und das Finanzsystem zu stabilisieren. Anleger in Zeiten niedriger Zinsen mit einer neuen Steuer zu belasten, sei kontraproduktiv. “Wir müssten die Menschen dazu bewegen, verstärkt mit Aktien zu sparen und so deren langfristiges Renditepotenzial gerade auch für die Altersvorsorge zu nutzen”, erklärte Schäfer. “Reine Aktiensteuer” Unterstützung bekam Schäfer von den verschiedensten Seiten. Die Unternehmensvereinigung des Wirtschaftsrats der CDU lehnt die “reine Aktiensteuer” ab und befürchtet Schaden für den Finanzplatz und die hierzulande wenig ausgeprägte Aktionärskultur. Generalsekretär Wolfgang Steiger hinterfragt zudem, ob die Steuer mit der Kapitalverkehrsfreiheit im Europarecht vereinbar sei. Wie bei der Kernbrennstoffsteuer drohe sonst die Gefahr einer Rückerstattung. Auch für Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, wird das Ziel, Finanzspekulation zu besteuern, verfehlt. Er nannte die Pläne einen “harten Rückschlag” für all jene, die sich seit Jahren für das Aktiensparen in der Breite einsetzten. Steigende Anforderungen an die Altersvorsorge verlangten nach einfacherem Zugang zu aktienbasierten Anlagen gerade für Kleinsparer. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Anlegerschützer DSW bezichtigte Scholz des “Etikettenschwindels”. Der Minister zeige sich als “wahrer Freund aller Spekulanten”. Von der Belastung des hochspekulativen Handels mit derivativen Finanzinstrumenten sei keine Rede mehr.Die grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus hält die geplante Aktiensteuer für einen “großen Bluff”: keine Eindämmung der Spekulation, Beteiligung der Banken, Stabilisierung der Finanzmärkte und kein Geld für Entwicklungshilfe. Deutschland hätte mutig vorangehen und eine eigene Steuer einführen können. Fabio De Masi, Vizevorsitzender der Linken-Fraktion moniert, dass mehr als 90 % der Finanztransaktionen – darunter Derivate, Finanzwetten auf Rohstoffe oder Indizes – ausgenommen seien. Der Hochfrequenzhandel werde nicht eingeschränkt. Für die FDP kritisiert der finanzpolitische Sprecher im Bundestag, Florian Toncar, dass Scholz mit dem Aktienhandel “ausgerechnet die transparenteste und am dichtesten regulierte Art von Wertpapieren” besteuere. Kleinsparer für die Altersvorsorge, Lebensversicherungen oder Versorgungswerke müssten zahlen. Die FDP fordert eine Initiative zur Stärkung von Vermögensaufbau und Altersvorsorge, vor allem Steuerfreiheit von Gewinnen aus langfristigen Geldanlagen. Wirksam von 2021 anScholz hat im Auftrag der zehn europäischen Länder, die seit 2011 im Weg der Verstärkten Zusammenarbeit über eine Finanztransaktionssteuer verhandeln, einen Entwurf vorgelegt. Demnach sollen Umsätze mit im Inland emittierten Aktien gelisteter Unternehmen – von einer Börsenkapitalisierung von mehr als 1 Mrd. Euro an – besteuert werden. Bei einem geplanten Satz von 0,2 % fällt hierzulande ab 2021 ein Aufkommen von 1,5 Mrd. Euro an, das laut Koalitionsbeschluss zum großen Teil zur Finanzierung der Grundrente eingesetzt werden soll. Das gesamte Aufkommen in Europa dürfte laut Entwurf 3,5 Mrd. Euro erreichen.Der Entwurf sieht zahlreiche Ausnahmen vor, die nicht der Besteuerung unterliegen sollen, um Finanzmarkt und Unternehmensfinanzierung fungibel zu halten. Dazu gehören Erstemissionen, Geschäfte zur Marktpflege, Aktienrückkaufprogramme, Stabilisierungsmaßnahmen, konzerninterne Transaktionen und Restrukturierungen, Aktienkäufe staatlicher Stellen wie Bund, Länder und Gemeinden, der Zentralbanken sowie der europäischen Behörden und Einrichtungen. Ausnahmen von der Besteuerung sollen die Länder als Wahlrecht für Vermögensanlagen zur Altersvorsorge einführen können. Ausdrücklich zugelassen sein soll – nach einem Schreiben von Scholz an seine Kollegen – das sogenannte Goldplating, also verschärfende nationale Regelungen.