GRIECHENLAND

Alexis

Man stelle sich einen Griechen vor, einen Lebenskünstler, der fast immer lächelt, oft sogar herzlich lacht. Der kämpferisch auftritt und auf Selbstbestimmung pocht, auch wenn die Lage aussichtslos scheint. Na, an wen erinnert die Beschreibung?...

Alexis

Man stelle sich einen Griechen vor, einen Lebenskünstler, der fast immer lächelt, oft sogar herzlich lacht. Der kämpferisch auftritt und auf Selbstbestimmung pocht, auch wenn die Lage aussichtslos scheint. Na, an wen erinnert die Beschreibung? Richtig, an Alexis Sorbas. Anthony Quinn hat die Figur des Mannes mit dem Dreizehntagebart, der wenig Selbstzweifel kennt, fest für alle Zeiten im Gedächtnis deutscher Spielfilmfreunde verankert.Derzeit wird das Bild, das Westeuropäer von Griechen haben, freilich von einem anderen Alexis geprägt – nicht Sorbas, sondern Tsipras. Er hat sich, indem seine Regierung Verhandlungen auf Beamtenebene sabotierte, selbst in eine spielentscheidende Rolle manövriert. Mehr denn je liegt es jetzt maßgeblich an ihm, ob seine Landsleute im Sommer noch mit Euro oder doch mit (neuer) Drachme zahlen werden. Denn die Kapitalgeber haben ein Ultimatum gestellt – und auch wenn mancher daran nicht mehr glaubt: Es dürfte das letzte sein.Am Sonntag werden sich Europas Regierungschefs über die Vorarbeiten der Euro-Finanzminister beugen. Wenn sie dann erfahren, dass der Vorschlag, den Tsipras bis Donnerstagnacht abzuliefern versprochen hat, nicht für eine Verständigung taugt, bleibt ihnen wenig anderes, als das Scheitern der Verhandlungen zu erklären. Das wäre dann der entscheidende Schritt in den Grexit. Eine nochmalige Vertagung würde erfordern, dass die Banken länger geschlossen bleiben und die EZB die Institute weiter am Leben hält. Beides erscheint so gut wie unzumutbar – den Griechen gegenüber ebenso wie der Notenbank.Die Euro-Partner haben – weil sie nach dem Referendum keine Reformrabatte geben und einen nominalen Schuldenschnitt vermeiden wollen – an der dritten Stellschraube gedreht. Sie bieten nun längere und daher deutlich aufgestockte Hilfen an. Das eröffnet Tsipras die Chance, einzulenken – und gegenüber dem heimischen Publikum für sich zu beanspruchen, dass auf seinen Druck hin ein Sparpaket in etwas verwandelt wurde, was man als Wachstumsprogramm verstehen kann. Zumindest einige, wenn auch nicht alle Kritiker dürfte das besänftigen.Kurzum: Letztlich liegt die Antwort auf die Frage, ob Hellas aus dem Euro ausscheidet oder nicht, im Wesentlichen daran, ob der Premier – um das Risiko jäher Verarmung des ohnehin gebeutelten griechischen Volks zu reduzieren – einlenkt. Oder ob er an seiner Linie festhält, mit dem Risiko, dass – anders als bei Alexis Sorbas – am Ende viel mehr als eine Seilbahn zu Bruch geht.