Amerikaner machen Druck auf die Schweiz
dz Zürich – So wie die Schweiz das Bankgeheimnis gegenüber ausländischen Kunden scheibchenweise aufgegeben hat, will die Regierung nun auch im Inland vorgehen. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf präsentierte nun den Vorschlag des Bundesrats für ein neues Steuerstrafrecht. Demnach sollen bei Steuerdelikten künftig einheitliche Strafverfahren gelten. Das Bankgeheimnis würde hinfällig, unabhängig davon, ob es um Steuerbetrug oder nur Steuerhinterziehung geht.Vor einer Woche hätte dieser Gesetzesvorschlag in der Schweiz noch überall dicke Schlagzeilen gemacht. Doch seit Mittwoch dreht sich alles nur noch um den Wendepunkt in dem seit Jahren schwelenden Steuerstreit mit den USA. Der Bundesrat will mit einem dringlichen, befristeten Gesetz die rechtlichen Voraussetzung schaffen, dass sich die Schweizer Banken im Rahmen eines vom amerikanischen Justizdepartement offerierten Verfahrens endlich freies Geleit kaufen können. Sollte das Gesetz durchfallen, drohen weitere Strafklagen gegen Schweizer Banken nach dem Muster der in Liquidation stehenden Bank Wegelin, warnte Widmer-Schlumpf im Anschluss an die Bundesratssitzung. Programm bleibt geheimDie Schweiz sei gefordert, rechtsstaatlich sicherzustellen, dass die Banken an dem unilateral angebotenen Exkulpationsprogramm des US-Justizdepartements partizipieren könnten, sagte Widmer-Schlumpf. “Lange werden die Amerikaner nicht mehr warten.” Nach den Vorstellungen des Bundesrates soll das Gesetz schon am 1. Juli in Kraft treten können. Viele Parlamentarier sind angesichts des enormen Zeitdruckes außer sich. Selbst Staatsrechtler geben zu bedenken, dass die Abgeordneten das dringliche Gesetz unter diesen Bedingungen gar nicht ausreichend prüfen können.Die Wut und die Konsternation über das Arrangement sind umso größer, als wichtige Parameter nicht einmal bekannt gegeben werden. Das gilt insbesondere für die Bußen, welche die Banken im Rahmen dieses Schuldbefreiungsprogrammes zu leisten hätten. Die Geheimhaltung des Programms sei eine Auflage der amerikanischen Seite, weil ein unilaterales Angebot nicht Gegenstand einer Parlamentsdebatte sein könne, erklärte Widmer-Schlumpf. Schuldeingeständnis inklusiveBestätigt hat sie immerhin prinzipiell die Funktionsweise des Programmes. Alle rund 300 Banken auf dem Schweizer Finanzplatz sollen die Möglichkeit haben, auf freiwilliger Basis individuelle Abkommen mit den amerikanischen Justizbehörden zu schließen. Mit dem Abschluss eines solchen Abkommens gäbe eine Bank ein Schuldeingeständnis ab und würde sich verpflichten, eine Geldzahlung zu leisten sowie Daten über die amerikanischen Geschäftsbeziehungen zu liefern.In der Frage, was der Ablass die Banken letztlich kosten wird, stochert der Finanzplatz im Nebel. Man sei “befremdet” darüber, dass der Inhalt des Programms geheim gehalten werde, kritisiert die Schweizer Bankiervereinigung. Die Höhe der Bußen sei ein wichtiges Kriterium für den Finanzplatz und müsse “im Verhältnis zum vorgeworfenen Unrechtsverhalten” stehen. Die meisten Schätzungen über die Höhe der potenziellen Bußen liegen im Bereich von 10 Mrd. sfr. Datenschutz adeAuf offene Gegenwehr stößt das dringliche Bundesgesetz auch unter Anwälten und Treuhändern, die als Geschäftspartner amerikanischer Steuersünder den US-Behörden offengelegt und damit dem Risiko von Klagen ausgesetzt werden sollen. Zudem sollen die US-Behörden auch Informationen über Tausende von Bankmitarbeitern erhalten. Damit die Personendaten überstellt werden können, soll das Parlament das Datenschutzgesetz außer Kraft setzen. Für Kundendaten gelten zwar die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen als Rechtsgrundlage. Doch die USA verlangen Daten über Kontenschließungen und den Geldtransfer auf andere Banken. Diese Abschleicher-Listen kommen der direkten Auslieferung von Kundendaten schon ziemlich nahe. Daher soll das Parlament auch dazu eine befristete Lücke im Strafgesetz schaffen.