Ampel im Dissens über Spitzensteuersatz
wf Berlin
Die Ampel-Koalition führt einen Disput über eine Steuerreform zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wies den Vorschlag seines Kabinettskollegen Robert Habeck (Grüne) zurück, zur Finanzierung der Reform den Spitzensteuersatz zu erhöhen. „Wenn man die Grünen wörtlich nimmt, müsste man die Ingenieurin und den Handwerksmeister in der Spitze mit 57% belasten“, twitterte Lindner. Dies sei unfair. „Die Entlastung bei kleinen und mittleren Einkommen sollte man gedanklich von solchen Belastungen abkoppeln“, riet er. Wirtschaftsminister Habeck hatte zuvor erklärt, ohne einen höheren Spitzensteuersatz sehe er wenig Spielraum für Entlastungen.
Nach den bereits beschlossenen Entlastungspaketen für die Bürger zur Kompensation der erhöhten Energiepreise dreht sich die koalitionsinterne Debatte darum, welche weiteren Schritte folgen sollen. Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hatte ein „soziales Klimageld“ für Bürger mit einem Monatseinkommen bis zu 4000 Euro vorgeschlagen. Lindner brachte daraufhin eine Entlastung über die Einkommensteuer ins Spiel.
Einkommensteuer zahlen aber nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Handwerker und eigentümergeführte Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind. Ein höherer Spitzensteuersatz würde diesen Kreis besonders treffen. Sollten die oberen Einkommen die Abflachung des Steuertarifs für mittlere Einkommen voll kompensieren, müsste der Spitzensteuersatz auf 57,4% steigen – und zwar von einem zu versteuernden Einkommen von 80000 Euro an, wie das Handelsblatt unter Berufung auf Berechnungen des Finanzministeriums berichtete. Derzeit beginnt der Spitzensatz von 42% bei 58597 Euro Jahreseinkommen. Lindner plant im Herbst ohnehin eine Tarifreform bei der Einkommensteuer, um die sogenannte kalte Progression auszugleichen. Der Fiskus spielt mehr Geld ein, wenn Löhne zum Inflationsausgleich steigen.