An Santas Werkbank geht es wieder heiß her
Oh du frohe Weihnachtszeit mit allem, was so dazugehört, von warmem Kerzenlicht, schmuckvollen Kränzen und klingelingelnden Glöckchen über festliches Gebäck und alkoholische Heißgetränke bis hin zur ferngelenkten aufblasbaren Haifischattrappe. Letztere ist zumindest im südostchinesischen Yiwu einer der großen Freudenspender und lässt auf dem weltgrößten Weihnachtsartikelbasar und führenden Umschlagplatz für Spielzeug, Souvenirartikel und alle erdenklichen billigen massengefertigten Konsumgüter in diesem Jahr die Kassen klingeln.Wer an Santa Claus beziehungsweise an den lieben Weihnachtsmann glaubt, verortet ihn meist am Polarkreis irgendwo hinter Lappland. Seine Werkstätte aber ist zweifelsohne in Yiwu, von wo aus sich ein signifikanter Anteil des weltweiten Weihnachtsschmucks und saisonaler Geschenkartikel mit herkömmlicher Frachtlogistik und nicht per Rentierschlitten seinen Weg in aller Herren Länder bahnt.Um sich ein Bild von der Robustheit des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts zu machen, musste man freilich zur Jahresmitte im dann brüllend heißen Yiwu umherstapfen, wenn sich die Händler und Mittelsmänner für die wichtigsten Märkte in den USA, Europa, Nahost und Russland vor Ort eindecken. Ein hitziges politisches Klima mit Flüchtlingsdramatik in Nahost und Russlanddelle hat vielen in Yiwu die Laune verdorben. Wer allerdings mit elektronischen Spielen sowie Zubehör rund ums Smartphone unterwegs ist, kann sich auch in diesem Jahr nicht beklagen. *Der aufblasbare fliegende Haifisch, der sich im Vergleich zu herkömmlichen Ballons einer Drohne gleich mit einem Fernsteuergerät manövrieren lässt, bringt anscheinend Kinder und Erwachsene auf globaler Ebene zum Quietschen und ölt das diesjährige Geschäft. Der Hai wird mittlerweile auf Amazon für 30 Dollar oder Euro verscheppert, in Yiwu selber ist er für weniger als die Hälfte zu haben. Als fast genauso beliebt hat sich ein ferngesteuertes Spielzeugauto erwiesen, das sich gemäß der Vorlage aus dem Hollywood-Filmhit “Transformers” tatsächlich in ein marschierendes Roboter-Ungetüm verwandelt, Pardon, “transformiert”.In Yiwu setzt man nun darauf, dass der binnenchinesische Weihnachtsartikelmarkt in diesem Jahr auf höheren Umdrehungen läuft. Schließlich schreitet der an westlichen Werten orientierte Lifestyle-Wandel einer aufstrebenden Mittelschicht rasch voran. Man mag mit den christlichen Aspekten des Weihnachtsfestes wenig am Hut haben, doch scheint man sich immer freudiger auf das ornamentale und kommerzielle Drumherum einzulassen und die Zeit von Weihnachten bis Neujahr als weiteres kalendarisch fest verankertes Shoppingfestival zu begehen. *Insbesondere in Chinas Großmetropolen weiß man saisontypische Akzente zu setzen und dabei Einkaufs-, Fress-, Dekorations- und bisweilen sogar auch Geschenkorgien zu feiern. Neben Haifisch und Transformer-Auto erweisen sich klassisch anmutende Textilien für die kalte Jahreszeit wie Handschuhe und Mütze als Renner. Allerdings solche mit einer Tech-Komponente, die den ans Smartphone geketteten Chinesen auch bei Minustemperaturen im Freien auf Tuchfühlung mit Apps für Musikberieselung, permanentem Nachrichtenaustausch und impulsgetriebenem E-Commerce bringen.Mit dem Bluetooth Music Hat etwa hat man eine Mütze auf dem Kopf, die die warm gehaltenen Ohren drahtlos mit der auf dem Smartphone gewählten Musik versorgt. Mit dem sogenannten iGlove wiederum lässt es sich auch behandschuht im Freien an den eigentlich auf Hautkontakt reagierenden Smartphone-Displays herumwischen und tippen und damit auch einschlägige Weihnachtsapps ansteuern: Angesichts oft winziger Apartmentgrößen mögen sich viele Chinesen nicht auf Weihnachtsbäume in echt oder aus Plastik einlassen. Billigen Ersatz liefern sich rasend verbreitende Screen-Wallpapers, die das Smartphone-Display in einen virtuellen Weihnachtsbaum verwandeln, den man mit zahlreichen angebotenen Motiven immer wieder neu schmücken kann.