NOTIERT IN BERLIN

Angst vor dem Ausverkauf

Es ist ein Déja-vu: die Bundesregierung sucht nach gesetzlichen Möglichkeiten, um Unternehmen vor dem Ausverkauf an ausländische Investoren zu schützen. Die Debatte über die Abschirmung gegen den Zugriff aus dem Ausland war schon 2008 geführt...

Angst vor dem Ausverkauf

Es ist ein Déja-vu: die Bundesregierung sucht nach gesetzlichen Möglichkeiten, um Unternehmen vor dem Ausverkauf an ausländische Investoren zu schützen. Die Debatte über die Abschirmung gegen den Zugriff aus dem Ausland war schon 2008 geführt worden, als die große Koalition das Außenwirtschaftsgesetz verschärfte. Damals waren es Staatsfonds, die als potenzielle Investoren der deutschen Regierung Sorge bereiteten. Nun ist es das Übernahmeangebot des chinesischen Hausgerätekonzerns Midea für den deutschen Robotikhersteller Kuka, das im Bundeswirtschaftsministerium und im Kanzleramt Kopfzerbrechen bereitet.Das Bundeswirtschaftsministerium dementierte einen “Handelsblatt”-Bericht zu Überlegungen einer erneuten Gesetzesnovelle postwendend: “Es wird kein Kuka-Gesetz geben”, sagte eine Sprecherin. Auch gilt demnach die ablehnende Haltung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen Gesetzesänderungen weiterhin – einschließlich des Außenwirtschaftsgesetzes. Denn aus der damaligen Debatte über die Verschärfung dürfte die Regierung klug geworden sein. Ein Ansturm von Entrüstung aus der Wirtschaft schlug ihr entgegen, als die Pläne publik wurden. Allein der Industrieverband BDI präsentierte zusammen mit einer Anwaltskanzlei ein Gutachten mit 50 abschreckenden Seiten über die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen einer Beschränkung von ausländischen Beteiligungen. Die zuständigen Minister waren damals übrigens zwei Christsoziale – erst Michael Glos, am Ende Karl-Theodor zu Guttenberg.Seit 2009 kann das Ministerium innerhalb kurzer Fristen auf eigene Initiative eine Beteiligung ausländischer Investoren von mindestens 25 % beschränken oder untersagen, wenn die “öffentliche Ordnung oder Sicherheit” gefährdet sind. Der “Schutz von Arbeitsplätzen” flog als Prüfkriterium aus ordnungspolitischen Gründen wieder heraus. In der öffentlichen Wahrnehmung hat das Gesetz seitdem keine Rolle mehr gespielt. Auch von spektakulären staatlichen Eingriffen ist nichts bekannt. Eine erneute Reform würde eine neue Welle von Debatten über Wettbewerb und offene Märkte in einer globalisierten Wirtschaft lostreten. Dies braucht derzeit keiner der Koalitionspartner. Zumal Unterstützung aus dem Bundestag zumindest bei der Union kein Selbstläufer wäre. Dort gibt es durchaus kritische Geister gegen Abschottungsversuche.Zurück bleibt in der Regierung ein mulmiges Gefühl wegen des wachsenden Interesses chinesischer Firmen an deutscher Hochtechnologie. Beim jüngsten Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in China zu bilateralen Regierungskonsultationen hatten beide Seiten erneut ihren Kooperationswillen im Bereich Industrie 4.0 bestärkt. China hat an diesem Projekt großes Interesse. Deutsche Firmen stehen den Experten der Denkfabrik Merics zufolge aber auf der Bremse. Der wirtschaftliche Nutzen ist demnach gering, weil die Entwicklung in China noch nicht so weit ist. Das Risiko, Wissen preiszugeben, ist dagegen hoch. So passt die Wirtschaft offensichtlich schon gut selbst auf sich auf.