DIGITALSTEUER

Angst vor der Sackgasse

Vermutlich hat US-Finanzminister Steven Mnuchin die letzte Ausfahrt vor der Sackgasse genommen. Sonst würde er bald im Wahlkampf wegen Schlagzeilen über eine höhere Besteuerung der US-Tech-Giganten Google, Amazon, Facebook & Co. darin feststecken....

Angst vor der Sackgasse

Vermutlich hat US-Finanzminister Steven Mnuchin die letzte Ausfahrt vor der Sackgasse genommen. Sonst würde er bald im Wahlkampf wegen Schlagzeilen über eine höhere Besteuerung der US-Tech-Giganten Google, Amazon, Facebook & Co. darin feststecken. Die von der OECD im Auftrag der G20-Industrie- und Schwellenländer koordinierten Arbeiten über die Einführung einer Digitalsteuer nähern sich nach drei Jahren einem Ergebnis. Bis Ende 2020 soll es da sein. Die Corona-Pandemie bremst etwas. Im Juni hätte eine Steuerkonferenz in Berlin mit 137 Staaten ein politisches Zwischenergebnis fixieren sollen. Das Treffen fällt aus, der Zeitplan aber bleibt.Deutschland hat den Vorsitz in der OECD-Arbeitsgruppe. Insofern kommen aus Berlin vermittelnde Töne – ganz anders als aus Paris, das sich nicht mehr von den USA einschüchtern lassen und seine 2019 beschlossene nationale Digitalsteuer nun erheben will. Dabei ist Digitalsteuer nicht gleich Digitalsteuer. Frankreich etwa belastet Online-Werbeumsätze, um die Internetgiganten zu besteuern. Die OECD-Arbeiten greifen aber viel weiter, um dem öffentlichen Unmut zu begegnen, dass sich profitable Unternehmen faktisch der Besteuerung entziehen. Das international anerkannte Konstrukt, die Besteuerung von Unternehmen an eine physische Betriebsstätte zu knüpfen, funktioniert im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr. Leistungen und Produkte können in vielen Ländern vertrieben werden, ohne dass dort ein Sitz erforderlich ist. Dies gilt nicht nur für Firmen wie die Internetgiganten, auch klassische Industrieunternehmen werden digitaler. Der OECD geht es nicht nur um das Beruhigungspflaster einer Online-Umsatzsteuer, sondern um ein Konzept, das die internationale Gewinnbesteuerung revolutioniert. Zugleich sollen Staaten stärker von Steuereinnahmen profitieren, die bislang als Absatzländer in die Röhre schauen. Schließlich soll künftig eine Mindeststeuer greifen.Ein neues Steuerkonzept wird nur international durchschlagen, wenn sich die Industriestaaten einig sind. Ohne die USA ist eine Lösung nichts wert. Aus Washington kommen widersprüchliche Signale. Das stimmt hoffnungsvoll. Sie reichen vom Ausstieg aus den Verhandlungen bis hin zu lediglich einer Pause wegen der Coronakrise. US-Handelsbeauftragter Robert Lighthizer will nicht hinnehmen, dass sich manche Länder über den Zugriff des Fiskus bei US-Firmen sanieren. Er fordert, die internationale Besteuerung insgesamt neu zu ordnen. Genau daran arbeitet die OECD.