ZEW Konjunkturerwartungen

Anleger verbreiten etwas Zuversicht

Die Konjunktursorgen der Anleger sind im Juni etwas geringer geworden – obwohl die deutsche Wirtschaft in der Rezession steckt und die Aussichten trübe sind. Allerdings wird die aktuelle Lage deutlich schwächer eingeschätzt, was Ökonomen als Alarmsignal deuten.

Anleger verbreiten etwas Zuversicht

Anleger verbreiten etwas Zuversicht

ZEW-Konjunkturerwartungen legen zu – Aktuelle Lage wird aber deutlich schwächer bewertet

ba Frankfurt

Die Konjunktursorgen der Anleger sind im Juni etwas geringer geworden – obwohl die deutsche Wirtschaft in der Rezession steckt und die Aussichten trübe sind. Allerdings wird die aktuelle Lage deutlich schwächer eingeschätzt, was Ökonomen als Alarmsignal deuten. Die EZB wird dennoch die Zinsen erhöhen.

Börsianer blicken im Juni überraschend etwas zuversichtlicher auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Und auch der Blick auf die Euro-Wirtschaft fällt zwar etwas schwächer aus als im vergangenen Monat, aber nicht viel. Und dies, obwohl die Euro-Wirtschaft ebenso wie die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr in die technische Rezession gerutscht ist und die Stimmungsbarometer ebenso wie die harten Daten zuletzt ein deutlich trüberes Bild gezeichnet haben.

„Nicht besonders bedrohlich“

Das ZEW-Konjunkturbarometer für die hiesige Wirtschaft kletterte im Juni um 2,2 auf −8,5 Punkte. Ökonomen wurden von dem ersten Anstieg nach zuvor drei Rückgängen überrascht – sie hatten einen Wert von −13,1 Zählern prognostiziert. „Die Experten rechnen daher für die zweite Jahreshälfte nicht mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der monatlichen Umfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 163 Analysten und Anlegern. „Die derzeit vorliegende Rezession wird jedoch insgesamt als nicht besonders bedrohlich eingeschätzt.“

Die aktuelle Lage allerdings wurde im Juni deutlicher schwächer bewertet als im Vormonat. Das entsprechende Barometer fiel um 21,7 auf minus 56,5 Punkte. „Vor allem der Absturz der Lageeinschätzung ist ein lautes Alarmsignal“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Hoffnungen auf eine Wachstumswende werden auch durch die etwas besseren Erwartungen nicht geschürt.“ Da mit China der wichtigste deutsche Handelspartner schwächele, sieht er weiteres Abwärtspotenzial bei den Wachstumsprognosen. Sorgen bereitet Ökonomen aber auch, dass die US-Wirtschaft vor einer Rezession steht.

Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sind die ZEW-Daten ein Hoffnungsschimmer: „Möglicherweise liegt das Schlimmste hinter uns.“ Ursächlich für diese Einschätzung dürften dabei auch die deutlich gefallenen Energiepreise und der damit nachlassende Teuerungsdruck sein. Allerdings dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) an diesem Donnerstag im Kampf gegen die nur langsam sinkende Inflation die Leitzinsen erneut anheben, und zwar um 25 Basispunkte. Die beispiellose geldpolitische Straffunge verschärft Finanzierungskonditionen und belastet somit die wirtschaftliche Erholung. Die volle Wirkkraft wird dabei erst in den kommenden Monaten erwartet. Der Wirtschaft werden in diesem Jahr keine großen Sprünge zugetraut, zumal das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal ebenso wie Ende 2022 geschrumpft ist – womit die Definition einer technischen Rezession erfüllt ist.

Der Blick auf die Sektoren zeigt, wie schwierig die Lage ist: Die Investitionslaune sei dahin, die Industrie leide unter den gestiegenen Zinsen und den geopolitischen Unsicherheiten, schreibt Gitzel. Der Blick auf die Einzelhandelsumsätze sei schauderhaft, die bislang noch wirkenden Corona-Nachholeffekte im Dienstleistungssektor würden auslaufen. Angesichts der teils rekordhohen Buchungszahlen in den Ländern des Mittelmeerraums urteilt Gitzel: „Die Verbraucher tragen den Konsum in den Süden Europas.“ Im Inland werde gespart und im Ausland ausgegeben.

ZEW-Chef Wambach wiederum sorgt sich insbesondere um die exportorientierten Sektoren, die „sich aufgrund einer schwachen Weltkonjunktur eher schlecht entwickeln“ dürften. Die Neubestellungen sind seit längerem rückläufig, und die Produktion wird derzeit noch durch den Abbau der Auftragspolster gestützt – die allerdings schon nicht mehr als so außerordentlich dick angesehen werden. Die für die einzelnen Branchen abgefragten Erwartungen sind vor allem für Maschinen (−20,8 Saldenpunkte), Konsum/Handel (−7,1) sowie Fahrzeuge (−6,3) gesunken. Günstigere Perspektiven wurden hingegen dem Bau zugesprochen (+12,5). Der Saldo ist mit −68,2 Punkten weiter „im tiefroten Terrain“ und die wegbrechenden Aufträge insbesondere im Wohnungsbau ließen keinen Zweifel, dass hier die „Vorzeichen ebenfalls auf Abschwung“ stehen, mahnt Bantleon-Ökonom Jörg Angelé.

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