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António Costa - ein Sozialist auf extremem Linkskurs

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 22.10.2015 António Costa ist immer für eine Überraschung gut. Auch wenn Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva wohl den konservativen, amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho mit der...

António Costa - ein Sozialist auf extremem Linkskurs

Von Thilo Schäfer, MadridAntónio Costa ist immer für eine Überraschung gut. Auch wenn Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva wohl den konservativen, amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho mit der Bildung einer Minderheitsregierung beauftragen wird, schickt sich der Führer der Sozialisten (PS) an, diese zu stürzen und selbst mit Unterstützung linker Parteien die Macht zu ergreifen.Das von Costa angekündigte Abkommen mit dem Linken Block (Bloco de Esquerda) und den Kommunisten (CDU) ist ein absolutes Novum in der portugiesischen Politik, da sich diese beiden Kräfte bisher immer einer Zusammenarbeit mit den Sozialisten verweigert hatten. Die Skepsis überwiegt und in Teilen der PS stößt ein mögliches Linksbündnis auch nicht gerade auf Gegenliebe.Die konservative Koalition von Passos Coelho war der Sieger der Parlamentswahlen am 4. Oktober mit 38,6 % der Stimmen, verfehlte jedoch eine klare Mehrheit der Sitze. Viele Beobachter in Lissabon hatten Costa am Wahlabend eigentlich schon abgeschrieben und tags darauf wollten gleich zwei Sozialisten ihm die Parteiführung streitig machen. Die riskante Annäherung an die Linken wird daher als Flucht nach vorne interpretiert. Costa kämpft letztlich um sein politisches Überleben.Schon mit 14 Jahren war der 1961 in Lissabon geborene Sohn eines Schriftstellers und einer Journalistin in die PS eingetreten. Nach dem Jura-Studium arbeitete er kurzzeitig als Anwalt, bevor er in die Politik eintrat. Costa wurde Abgeordneter in Portugal und im Europaparlament, dessen stellvertretender Präsident er war. In sozialistischen Regierungen bekleidete er mehrere hohe Posten, brachte es damals bis zum Innenminister unter José Socrates, gegen den heute wegen Korruption ermittelt wird. Der zweifache Familienvater verließ das Kabinett dann im Jahr 2007 und bewarb sich für das Amt des Bürgermeisters seiner Heimat Lissabon, mit Erfolg. Die Arbeit als Stadtoberhaupt machte ihn im ganzen Land populär. Er gewann zwei weitere Wahlen, die letzte 2013 mit mehr als 50 %.Als die Sozialisten bei den Europaparlamentswahlen im Mai 2014 trotz eines Sieges ein den hohen Ansprüchen nach eher enttäuschendes Ergebnis erzielten, forderte Costa den Parteiführer António José Seguro heraus. Bei der Urwahl wurde er von den Mitgliedern mit fast 70 % der Stimmen zum neuen Generalsekretär gewählt. Damals kritisierten einige Sozialisten aber diesen unerwarteten Wechsel an der Spitze, gerade einmal ein Jahr vor den Parlamentswahlen.Costa konnte mit seinem harten Kurs gegen die Sparpolitik der Konservativen beim Bürger zunächst punkten. Noch im Sommer galt der Wahlsieg der Sozialisten als ausgemachte Sache, doch am Ende reichte es nur zu 32 % der Stimmen und den zweiten Platz. Viele linke Wähler entschieden sich letztlich doch für den Bloco de Esquerda und die Kommunisten. Spannungen steigenSollte es letztlich zu einem Linksbündnis kommen, muss Costa den Drahtseilakt meistern, zwischen einem Ende der Austerität und dem Versprechen, Portugals Verpflichtungen bei der Einhaltung der Konsolidierungsvorgaben zu honorieren. Die beiden linken Partner wollen lieber aus dem Euro raus und verlangen zudem die Verstaatlichung der Banken. Costa hat bislang eher kleinere Zugeständnisse gemacht, etwa die Beibehaltung der Sozialversicherungsbeiträge, die er eigentlich senken wollte, und die Rücknahme der Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst. Eine allzu große Annäherung an die Linke würde innerhalb der PS zu erheblichen Spannungen führen.