Argentinien einigt sich mit Gläubigern

Dollar-Anleihen werden umstrukturiert - Schuldenlast sinkt um 50 Mrd. Dollar

Argentinien einigt sich mit Gläubigern

Argentinien hat sich nach monatelangen zähen Verhandlungen mit seinen wichtigsten Gläubigern geeinigt. Die Schuldenlast des lateinamerikanischen Landes wird um 50 Mrd. Dollar gesenkt. Der Weg aus dem wirtschaftlichen Abgrund scheint damit frei. Die ersten Details der Übereinkunft sind nun bekannt. af Buenos Aires – Nach monatelangen Verhandlungen gab Argentiniens Regierung am frühen Dienstagmorgen eine Einigung mit den wichtigsten Gläubigern ihres Landes bekannt. Nach der Übereinkunft wird es möglich, Anleihen, die nach US-Recht ausgegeben wurden, im Wert von 68 Mrd. Dollar umzustrukturieren.Dieser Schritt wird die Schuldenlast des von Rezession und Pandemie schwer getroffenen Landes um etwa 50 Mrd. Dollar senken. Die Vereinbarung kann den Weg aus der Zahlungsunfähigkeit frei machen und es der Regierung von Alberto Fernández ermöglichen, die Umstrukturierung der lokalen Schulden und die Umschuldungsverhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) voranzutreiben. Allesamt entscheidende Schritte, um die Wirtschaft aus dem Abgrund zu hieven, in den sie im April 2018 gefallen war und der durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie noch weiter vertieft wurde.Die Übereinkunft, die im Laufe des Wochenendes geschmiedet worden war, wurde in der Nacht auf Dienstag zum Abschluss gebracht. In den frühen Morgenstunden gab das argentinische Finanzministerium erste Einzelheiten der Vereinbarung zwischen der Regierung und den drei Hauptgläubigergruppen sowie assoziierten kleineren Anlegern bekannt, die etwa 53 % aller Anteile halten.Zuvor hatten bereits 35 % der Investoren das argentinische Angebot vom 3. Juli angenommen. Mit dem Einschlag der Hauptgruppe würden also 88 % der Gläubiger die Umschuldung akzeptieren, was das Land vor allfälligen Klagen von Holdouts bewahren sollte. Die strengen Klauseln in den argentinischen Titeln sahen vor, dass mindestens 85 % der Anteilseigner einer Umschuldung zustimmen müssen. Frühere ZahlungstermineDie nun erzielte Übereinkunft behielt die Struktur von Wirtschaftsminister Martín Guzmáns letztem Angebot bei, “ohne den Gesamtbetrag der Kapital- oder Zinszahlungen zu erhöhen, zu denen sich Argentinien verpflichtet”, heißt es in der Regierungserklärung. Allerdings erklärte sich das Land bereit, die Zahlungstermine für die neuen Anleihen auf den 9. Januar und den 9. Juli eines jeden Jahres vorzuziehen, statt wie im ursprünglichen Vorschlag vorgesehen auf den 4. März und den 4. September. Sie legte zudem die Laufzeit der Anleihen fest, die zur Deckung der seit der Einstellung des Schuldendienstes im Mai aufgelaufenen Zinsen ausgegeben werden sollen.Die Gläubiger erklärten sich im Gegenzug bereit, die operativen Kosten der Umstrukturierung zu übernehmen. Letztlich entscheidend war wohl, dass sich Argentinien nun erstmals bereit erklärte, die Kollektivklauseln in den neuen Titeln anlegerfreundlicher zu gestalten. Im Kleingedruckten der nach 2016 ausgegeben Anleihen war festgehalten, dass sämtliche Anleger einer Vertragsmodifikation zustimmen mussten, wenn 66 % der Gläubiger einverstanden waren. Künftig soll diese Zustimmungsschwelle erhöht werden. Die genaue Marke ist noch nicht bekannt.Das Einverständnis bedeutet den erfolgreichen Abschluss monatelanger und extrem zäher Verhandlungen zwischen der im Dezember angetretenen peronistischen Regierung und ihren wohl mächtigsten privaten Gläubigern. Diese allein brauchten Monate, um zu einer gemeinsamen Verhandlungsposition zu finden. Die Gespräche wurden zudem belastet durch die Ungewissheiten der Coronavirus-Pandemie, die Argentiniens Wirtschaft nach zwei harten Rezessionsjahren traf und die eine weitere deutliche Schrumpfung auslösen dürfte. Der IWF schätzt das Minus für 2020 auf 9,9 %.Nach Argentiniens zweitem Angebot vom 3. Juli und dem Gegenvorschlag der Investoren vom 20. Juli war die Differenz zwischen beiden Lagern von ursprünglich mehr als 20 % auf etwa 3 % reduziert worden. Nun gaben beide Seiten nochmals jeweils 1,5 % nach, so dass der endgültige Wert bei knapp 55 Cent pro ausgegebenem Dollar liegen dürfte. Für Argentinien bedeutet diese letzte Anstrengung Mehrkosten von etwa 2 Mrd. Dollar, verteilt über die nächsten zwei Jahrzehnte.