Asmussen wirbt für stärkere Euro-Integration

Ex-EZB-Notenbanker sieht Berlin in der Pflicht

Asmussen wirbt für stärkere Euro-Integration

ms/fed Frankfurt/Brüssel – Das frühere EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hat für eine deutlich weitergehende Integration der Eurozone plädiert. Der Währungsraum müsse “Kern der Integration” Europas sein, sagte Asmussen gestern auf einer Konferenz in Frankfurt – “mit einem eigenen Parlament und einem eigenen Budget, gespeist aus eigenen Einnahmequellen”. Deutschland und Frankreich komme für die Integration “besondere Verantwortung” zu.Mit seinen Aussagen geht Asmussen über das hinaus, was er in seiner früheren Rolle als “Außenminister” der Europäischen Zentralbank (EZB) gefordert hatte. Insbesondere das Plädoyer für eine eigene Einnahmequelle ist neu. In seiner vormaligen Rolle hatte Asmussen, der nun als Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium tätig ist, offen dafür plädiert, dass die Euro-Mitgliedstaaten ein kleines Budget aufstellen, aus dem Krisenländer gezielt Hilfen bekommen sollten im Gegenzug für Reformen. Debatte hinter den KulissenBis Ende vergangenen Jahres war Asmussen der zentrale Akteur der EZB bei den Diskussionen in Brüssel über eine Reform der Währungsunion. Zum Jahreswechsel ging er dann vorzeitig nach Berlin zurück. Sein Nachfolger als “Außenminister” der EZB ist der Franzose Benoît Coeuré.Auf EU-Ebene gibt es seit längerem Überlegungen, spezielle Entscheidungsverfahren, Gremien und Geldtöpfe für die Euro-Staaten einzurichten. Im vergangenen Frühsommer hatten Deutschland und Frankreich in einem Papier etwa Vorschläge für einen “spezifischen Fonds für die Eurozone” und für gesonderte Strukturen innerhalb des EU-Parlaments gemacht. Zuletzt aber hat die Debatte an Schwung verloren, zumindest in der Öffentlichkeit.Hinter den Kulissen indes geht sie weiter. Im EU-Parlament wird laut Informationen aus den Fraktionen bereits über einen Euro-Unterausschuss des bestehenden Wirtschafts- und Währungsausschusses beraten. EU-Diplomaten berichten, dass parallel in der EU-Kommission an einer Aufspaltung der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen getüftelt wird, mit dem Ziel, alle Themen der Finanzmarktregulierung und -stabilisierung in einer Generaldirektion zu bündeln. Dazu dürften auch Teile aus dem Bereich Binnenmarkt kommen. Eine solche Einheit hätte einen sehr starken Eurozonen-Bezug.Bei der Konferenz in Frankfurt stellte sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hinter den Vorschlag Asmussens. Zusammen mit zehn deutschen Ökonomen, Juristen und Politologen (“Glienicker Gruppe”) hatte Fratzscher im vergangenen Jahr für einen “Qualitätssprung” in der Integration der Eurozone geworben. Das könne auch der EZB helfen, sich wieder auf ihre Kernaufgabe – Wahrung der Preisstabilität – zu fokussieren, so Fratzscher.Die Rettungspolitik der EZB stand auch im Mittelpunkt einer Diskussion über Geldtheorie und Geldpolitik bei der Konferenz – auch wenn es primär um neue Denkansätze in dem Fachbereich gehen sollte. Fratzscher verteidigte erneut die EZB und speziell deren umstrittenes Staatsanleihekaufprogramm OMT. Volker Wieland, einer der fünf Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, erneuerte seine Kritik an OMT, mit dem auch Risiken umverteilt würden.Auch Ex-Notenbanker Asmussen verteidigte den Kurs der EZB und betonte, dass sein vorzeitiger Abgang “nicht im Streit” erfolgt sei. Die EZB habe “in den nicht einfachen letzten beiden Jahren einen hervorragenden Job gemacht”, sagte er.Insgesamt plädierte Asmussen in seiner Rede für eine kluge Politik, die es schafft, marktwirtschaftliche, soziale und ökologische Gedanken vereinbar zu machen. Unter anderem bezeichnete er es als dringend nötig, den alten Grundsatzstreit zwischen Markt und Staat zu überwinden. Es gehe um die richtige Kombination: “Um vernünftig zu funktionieren, braucht der Privatsektor unterstützende öffentliche Institutionen und Regeln”, sagte Asmussen.