Athen erhält neue Chance - Hilfspaket bis 86 Mrd. Euro

Tsipras akzeptiert strenge Vorgaben - IWF bleibt an Bord - Zusage für Streckung der Schulden

Athen erhält neue Chance - Hilfspaket bis 86 Mrd. Euro

fed/lz Brüssel/Frankfurt – Die Regierungschefs der 19 Euro-Staaten haben nach einer rekordlangen Krisensitzung von 17 Stunden eine Verständigung über die Bedingungen erreicht, unter denen das akut pleitebedrohte Griechenland weitere Hilfsmilliarden erhalten und damit im Euro bleiben kann. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich nach Ende des Verhandlungsmarathons gestern Vormittag, dass sie das Resultat “aus voller Überzeugung” dem Bundestag zur Billigung empfehlen könne. Die Schwesterpartei CSU und die SPD haben bereits Zustimmung signalisiert. Die Bundestagssitzung ist für Freitag angesetzt.Eine Zustimmung des deutschen Parlaments ist eine der Voraussetzungen, damit die Verhandlungen über das Hilfspaket überhaupt starten können. Die Kritik an vermeintlich zu harten Auflagen und einer Überforderung Griechenlands wies die Kanzlerin zurück. “Das Programm ist ganz auf Linie mit Programmen, wie wir sie mit anderen Ländern gemacht haben.”Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte, er habe das Beste erreicht, was für sein Land möglich gewesen sei. Er bereitete seine Landsleute gleichwohl darauf vor, dass nun “schwere Entscheidungen” anstünden. Denn Griechenland hat eine lange Liste von Reform- und Sparmaßnahmen versprochen. Bereits bis morgen muss das Parlament einer Straffung der Mehrwertsteuer, Anpassungen im Rentensystem sowie der Umsetzung des Fiskalpakts und Vorgaben für das Statistikamt zustimmen. Eine Woche später steht die Ratifizierung von Zivilrechtsverfahren und der Gläubigerbeteiligung bei Bankenpleiten an. Dann müssen viele Ansagen für Reformen im Arbeits- und Produktrecht konkretisiert und befristet werden. Treuhandfonds im FokusTsipras akzeptierte letztendlich auch zwei in den Verhandlungen besonders umstrittene Punkte. Erstens bleibt der Internationale Währungsfonds (IWF) an Bord. Dieser erklärte sich noch am Montag zur weiteren Zusammenarbeit bereit. Zweitens soll der griechische Staat Vermögenswerte für eine Privatisierung in einen Treuhandfonds einstellen, der von den Gläubigern beaufsichtigt wird. Dazu sollen auch Banken zählen, deren Kapital zunächst durch staatliche Spritzen aufgepäppelt wird. Die Erlöse der Privatisierung sollen der Rückzahlung dieser Rekapitalisierung und von Hilfskrediten dienen – sowie zu einem kleineren Teil für Investitionen verwandt werden können.Nach dem Hickhack mit der Troika in den vergangenen Monaten stimmt Athen schließlich einer Rückkehr zu den üblichen Prüfmethoden durch die Kapitalgeber zu. Auch werden Gesetze, die Tsipras ohne Absprache mit den Gläubigern verabschiedet hat, wieder rückgängig gemacht. Als Gegenleistung nehmen die Euro-Partner “zur Kenntnis”, dass der Finanzierungsbedarf des Krisenlands bis 2018 wohl 82 Mrd. bis 86 Mrd. Euro beträgt. Zudem bekräftigten sie ihren Willen, Athen bei der Sicherung der Schuldentragfähigkeit zu helfen, indem sie für ihre Kredite an Hellas Laufzeiten und tilgungsfreie Phasen zu verlängern bereit sind. Ein nominaler Schuldenschnitt wurde aber ausgeschlossen.Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zur Stabilisierung der Lage in einer Telefonkonferenz am Montag beschlossen, ihre Nothilfen für griechische Banken zunächst weiter aufrechtzuerhalten. Die Obergrenze für die im Fachjargon ELA genannten Kredite bleibt aber vorerst bei rund 89 Mrd. Euro eingefroren.