Athen sieht Berlin mit Milliarden in der Pflicht

Parlament errechnet enorme deutsche Kriegsschuld

Athen sieht Berlin mit Milliarden in der Pflicht

wf/Reuters Berlin – Die Bundesregierung in Berlin hat konkretisierte Forderungen Griechenlands aus dem zweiten Weltkrieg von knapp 300 Mrd. Euro gegenüber Deutschland zurückgewiesen. Die Reparationsfrage sei juristisch erledigt, sagte Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) gestern. Damit bekräftigte er die Position, die Berlin seit Wochen vertritt. Der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas hat die Forderungen erstmals beziffert, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters aus Athen. Diese beläuft sich demnach auf 278,7 Mrd. Euro. Diese Summe habe der von der neuen Regierung eingesetzte Parlamentsausschuss vorläufig berechnet, sagte Mardas.Bei den Forderungen geht es um Entschädigungszahlungen für Kriegsverbrechen und um die Rückzahlung eines Zwangskredits der griechischen Notenbank. Gabriel bezeichnete es als “dumm”, dass das krisengebeutelte Land solche Forderungen gerade jetzt stelle. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, lehnte Zahlungen ab. Er wandte sich wie Gabriel gegen die Vermischung von Reformauflagen der Geldgeber Griechenlands und der Forderung nach Reparationszahlungen. Die Linke und die Grünen im Bundestag dringen auf Rückzahlung des Zwangskredits aus dem Jahr 1942.Rasche finanzielle Hilfe könnte für Griechenland aus Russland kommen, das der griechische Regierungschef Alexis Tsipras am heutigen Mittwoch besucht. Die Zeitung “Kommersant” berichtete unter Berufung auf russische Regierungskreise, Präsident Wladimir Putin könnte Tsipras Kredite und Preisrabatte bei Gaslieferungen in Aussicht stellen. Im Gegenzug hoffe Russland auf Beteiligungen an griechischen Staatsfirmen.Ebenfalls heute diskutieren die Euro-Länder auf der Ebene von Staatssekretären erneut über das Thema Griechenland. Konkrete Beschlüsse stünden nicht an, da Experten in Brüssel und in Athen immer noch über eine Reformliste verhandelten, berichteten Diplomaten vor dem Treffen. Im Reform-Streit mit seinen Geldgebern setzt Hellas auf ein Entgegenkommen seines wichtigsten Gläubigers, des Internationalen Währungsfonds (IWF).In Athen stimmte gestern die Parlamentsmehrheit für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Er soll herausarbeiten, wie Griechenland in seine Schuldenkrise geraten ist.