Athen überrascht mit neuem Hilfsantrag

29 Mrd. Euro Bedarf bis 2017 - Eurogruppe berät am heutigen Mittwoch

Athen überrascht mit neuem Hilfsantrag

fed/ck/lz Brüssel/Frankfurt – Wenige Stunden vor dem Ablauf des aktuellen Hilfsprogramms hat die griechische Regierung überraschend den Antrag für ein neues, zwei Jahre dauerndes Hilfsprogramm gestellt, wobei ein Finanzierungsbedarf von 29 Mrd. Euro unterstellt wird. Die Euro-Finanzminister berieten am Abend zunächst in einer Telefonkonferenz darüber. Am heutigen Mittwoch soll die Eurogruppe offiziell deswegen zusammenkommen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem.Die Euro-Finanzminister beschlossen in ihrer gestrigen Sitzung, dass das in der Nacht auslaufende, zweite Hilfsprogramm nicht verlängert werde. Vielmehr seien komplette Neuverhandlungen notwendig, sagte ein EU-Diplomat. Dies dürfte allerdings angesichts der Lage im Land kompliziert werden, denn die Bankenschließung kann nicht beliebig ausgedehnt werden. Zudem besteht nach wie vor Zeitdruck, weil am 20. Juli Kredite der Europäischen Zentralbank im Volumen von mehr als 3 Mrd. Euro fällig werden.Trotz der Eile signalisierte die Bundesregierung, dass man vor der für nächsten Sonntag angesetzten Volksbefragung in Griechenland keine Neuverhandlungen starten wolle. “Bevor nicht ein Referendum, so wie es geplant ist, durchgeführt ist, werden wir über gar nichts neu verhandeln”, wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel zitiert. Am Abend kursierten indes neue Meldungen, wonach Athen sogar bereit sein soll, für eine Einigung mit den Geldgebern das Referendum auszusetzen.Die Griechenland-Krise hat die Finanzmärkte damit weiter im Griff. Am Dienstag sorgte sie vor allem bei griechischen Staatsanleihen und den Märkten der übrigen Peripheriestaaten für Druck. Allerdings hielten sich die frühen Verluste im Vergleich zum Montag in Grenzen. Im Verlauf setzte mit Ausnahme der griechischen Staatsanleihen zudem eine Erholungsbewegung ein, getragen von Hoffnungen, dass doch noch ein Kompromiss zwischen Athen und seinen Geldgebern gefunden wird.Die Rendite der zweijährigen griechischen Staatsanleihe stieg um 125 Basispunkte auf 35,63 %. Dagegen sanken die Renditen zehnjähriger portugiesischer und italienischer Staatsanleihen um 7 und 9 Stellen auf 2,31 % und 2,94 %. Der Euro tendierte schwächer. Zuletzt ging er mit einem Minus von 0,7 % bei 1,1150 Dollar um. An den europäischen Aktienmärkten fiel eine Erholungsbewegung wieder in sich zusammen. Der Dax schloss mit einem Minus von 1,3 % bei 10 945 Punkten.Auslöser für das Auf und Ab der Kurse waren überraschende Vorschläge in letzter Minute von beiden Seiten. In der Nacht zum Dienstag – nur Stunden vor dem Ende der Frist für die Rückzahlung des gestundeten griechischen Kredits beim Internationalen Währungsfonds über 1,6 Mrd. Euro – machte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker dem griechischen Premier Alexis Tsipras ein “Last-Minute”-Angebot. Falls Tsipras unverzüglich schriftlich den bislang letzten Vorschlag der Kapitalgeber für Spar- und Reformmaßnahmen akzeptiert und zugleich zugesagt hätte, für einen positiven Ausgang des Referendums zu werben, hatte ihm Juncker – in enger Absprache mit dem Vorsitzenden der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem – ein Sondertreffen der Euro-Finanzminister in Aussicht gestellt. Tsipras ging darauf jedoch nicht ein. Aufsicht schränkt Handel einEuropäische Aufseher schränkten den Handel griechischer Finanzinstrumente unterdessen ein. So stellten auf Bitten der griechischen Aufsicht Hellenic Capital Market Commission die Börsen in London und Luxemburg den Handel in Anleihen des griechischen Staats, der Hellenic Railways, der National Bank of Greece Funding sowie der vier großen Banken, darunter die National Bank of Greece, ein. Zudem hatten die griechische Aufsicht sowie die europäische Aufsicht ESMA in der Nacht zum Dienstag ein bis zum 6. Juli geltendes Leerverkaufsverbot für sämtliche an der Athener Börse sowie dem von ihr betriebenen MTF Alternative Market handelbaren Finanzinstrumente verhängt. Am Vortag war auf eine Anordnung der BaFin hin der Handel von griechischen Finanzinstrumenten an den deutschen Börsen eingestellt worden. In New York konnten jedoch weiter griechische Werte gehandelt werden. Am frühen Abend lag die Aktie der National Bank of Greece in New York mit rund 8 % im Plus.—– Nebenstehender Kommentar- Schwerpunkt Seite 7