Attentate schüren Sicherheitsdebatte

Paris legt Gesetzentwurf zur Verlängerung des Ausnahmezustands vor - Auch EU will Maßnahmen einleiten

Attentate schüren Sicherheitsdebatte

Frankreich legt einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des Ausnahmezustands nach den Terroranschlägen vor. Arbeitgeber und Industrie sorgen sich um die Sicherheit von Firmen. Die EU leitet ebenfalls Schritte zur Erhöhung der Sicherheit ein.wü/fed Paris/Brüssel – Frankreichs sozialistische Regierung hat im Ministerrat einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des Ausnahmezustands um drei Monate vorgestellt. Über ihn soll am heutigen Donnerstag in der Assemblée nationale abgestimmt werden, Freitag dann in der zweiten Parlamentskammer.Während der Ministerrat tagte, fand in dem Pariser Vorort Saint-Denis eine großangelegte Anti-Terror-Aktion statt. Die Polizei stürmte eine Wohnung und nahm sieben Personen fest. Bei dem mehrstündigen Einsatz sprengte sich eine Frau in die Luft, ein weiterer Verdächtiger wurde erschossen.Nach Angaben von Innenminister Bernard Cazeneuve hätte die Gruppe aus Saint-Denis weitere Anschläge verüben können. Wie der Fernsehsender France 2 berichtete, hatte sie Attentate auf ein Einkaufszentrum im Geschäftsviertel La Défense und den Flughafen Roissy-Charles de Gaulle geplant. An dem größten Airport von Paris fanden Mittwoch Durchsuchungen bei der Frachtsparte von Air France und dem Transportunternehmen Fedex statt. Für Fedex ist Roissy das wichtigste Drehkreuz in Europa.Der jetzt präsentierte Gesetzentwurf soll Sicherheitskräften künftig unter anderem erlauben, Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung an allen Orten durchführen zu können, wenn der Verdacht besteht, dass diese von einer Person frequentiert werden, die eine Gefahr für die Sicherheit darstellt. Bisher dürfen solche Durchsuchungen nur in den Wohnungen der Verdächtigen durchgeführt werden. Künftig sollen dabei auch Computer und elektronische Datenbanken beschlagnahmt werden. Davon ausgenommen sind Büros von Rechtsanwälten, Richtern, Abgeordneten und Journalisten. Firmen befürchten AnschlägeDie Folgen der Attentate beschäftigen auch den Arbeitgeberverband Medef. Er hat jetzt mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit der Sicherheit von Unternehmen und ihren Angestellten, den wirtschaftlichen Folgen der Anschläge auf die einzelnen Branchen und personalpolitischen Fragen beschäftigen. Der Verband der Chemieindustrie Union des industries chimiques (UIC) wiederum hat das Umweltministerium aufgefordert, sensible Informationen wie Lagerbestände an explosiven Stoffen und Details nicht länger im Internet zu veröffentlichen. Der UIC befürchtet, dass Terroristen diese Daten nutzen könnten, um Anschläge auf die Industrie zu verüben.UIC-Chef Jean Pelin ist auch besorgt, dass die Unternehmen nicht darüber informiert werden, ob ein Bewerber oder Mitarbeiter von den Sicherheitskräften als Bedrohung für die Sicherheit des Landes eingestuft wird. Selbst wenn eine Firma eine solche Information erhalten sollte, habe sie laut Arbeitsgesetz keine Handhabe, sich von dem Mitarbeiter zu trennen, sofern dieser seine Arbeit ordentlich verrichte, kritisiert Pelin.Auch im Transportwesen gibt es Überlegungen, wie die Sicherheit erhöht werden kann. Die dafür zuständige Umweltministerin Ségolène Royal möchte nun Sicherheitsschleusen in den Bahnhöfen installieren, um die Passagiere von Zügen zu kontrollieren. Bisher gibt es sie nur für den Eurostar. Royal kündigte an, dass die Sicherheitsschleusen schon bald an einem TGV-Bahnhof getestet werden sollen.Die EU-Kommission in Brüssel bemüht sich unterdessen, die Vorarbeiten für Reformen und Initiativen drastisch zu beschleunigen, die dem Schutz der Außengrenzen und der Bürger dienen. Die für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska legte gestern einen Gesetzesvorschlag für eine strengere Regulierung von Waffenbesitz und Handel vor.Bienkowskas Kollege Dimitris Avramopoulos, der für Migration und Innenpolitik zuständig ist, versprach, die Gesetzgebungsverfahren für die elektronische Aufzeichnung von Fluggastdaten ebenso mit Hochdruck voranzutreiben wie die engere Koordination des Außengrenzschutzes der EU. Frankreich hatte seinen EU-Partnern vorgeworfen, nicht gründlich genug bei der Kontrolle Einreisender in die EU vorzugehen. Am morgigen Freitag treffen die Innenminister aller 28 EU-Länder in Brüssel zusammen – unter anderem um über die Möglichkeiten einer intelligenteren und wirkungsvolleren Grenzüberwachung zu beraten.