AUSBLICK AUF DIE GELDPOLITIK IM JAHR 2020 - EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Auf Autopilot

Börsen-Zeitung, 17.1.2020 ms - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erst im September vergangenen Jahres - noch unter der Ägide von Mario Draghi - ihre zuvor schon sehr expansive Geldpolitik noch einmal deutlich gelockert. So senkte sie unter...

Auf Autopilot

ms – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erst im September vergangenen Jahres – noch unter der Ägide von Mario Draghi – ihre zuvor schon sehr expansive Geldpolitik noch einmal deutlich gelockert. So senkte sie unter anderem ihren Einlagensatz tiefer in den negativen Bereich auf -0,5 % und untermauerte mittels ihrer Forward Guidance die Perspektive auf lang anhaltend niedrige und negative Zinsen. Vor allem aber beschloss sie neue breite Nettoanleihekäufe (Quantitative Easing, QE) von monatlich rund 20 Mrd. Euro, die Anfang November starteten und zeitlich erst einmal unbegrenzt sind. Nun steuert die EZB-Geldpolitik vorerst auf “Autopilot”, wie es auch einige Notenbanker selbst nennen.Für eine bis auf weiteres unveränderte Politik sprechen auch die Lage und der Ausblick für die Euro-Wirtschaft: Zwar scheint sie sich nach einer, seit dem Boomjahr 2017 anhaltenden Schwächephase zu stabilisieren. Zugleich zeichnet sich aber auch kein starker, nachhaltiger Aufschwung ab. Für 2020 erwartet die EZB selbst 1,1 % Wachstum. Ähnlich sieht das Bild bei der Inflation aus: Sie legte im Dezember zwar weiter auf 1,3 % zu, ist aber nach wie vor weit entfernt vom EZB-Ziel von mittelfristig “unter, aber nahe 2 %”. Folglich unterstrich der EZB-Rat Mitte Dezember, nach der ersten Sitzung mit Neu-Präsidentin Christine Lagarde, erneut die “Notwendigkeit eines weiterhin äußerst akkommodierenden geldpolitischen Kurses für einen längeren Zeitraum”.Zugleich hat im EZB-Rat, in dem es nun viele neue Gesichter gibt, die Debatte über die negativen Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik zugenommen – speziell für die Finanzstabilität. “Ein stärkerer Fokus auf die Nebenwirkungen kann Einfluss auf die Dosierung und den Zeitpunkt des Einsatzes der unkonventionellen Maßnahmen haben”, sagte das neue deutsche Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 31.12.2019).Solange sich Wachstum und Inflation wie erwartet entwickeln, dürfte die EZB 2020 also vorerst am eingeschlagenen Kurs festhalten. Eine Rolle können aber auch noch andere Zentralbanken spielen: Sollten Fed & Co. 2020 ihren Kurs erneut lockern, dürfte auch der Druck auf die Euro-Hüter, mehr zu tun, zunehmen.