CORONA

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Mit dem Slogan "Deutschland sucht den Impfpass" wirbt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 2012 für die Schutzimpfung gegen Masern. "Deutschland krempelt die Ärmel hoch", forderte die Bundesregierung zum Start der weltweiten...

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Mit dem Slogan “Deutschland sucht den Impfpass” wirbt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 2012 für die Schutzimpfung gegen Masern. “Deutschland krempelt die Ärmel hoch”, forderte die Bundesregierung zum Start der weltweiten Impfkampagne für den Schutz vor einer Coronaerkrankung. Doch zehn Tage nach der ersten Impfung gegen das Sars-CoV-2-Virus hierzulande drängt sich bereits eine andere Parole vor: Deutschland sucht den Schuldigen.Wer ist schuld daran, dass erst 0,3 % der Bevölkerung eine Impfdosis erhalten haben? Wer trägt die Schuld dafür, dass die Europäische Kommission, an die auch Berlin die Beschaffung von Impfdosen delegiert hat, zu spät und zu wenig Wirkstoff bestellt hat? Wer ist dafür verantwortlich, dass bei der Bestellung auf die “falschen” Wirkstoffe gesetzt wurde, die zum Teil noch nicht zugelassen sind? Und wenn wir schon dabei sind: Wer ist eigentlich schuld daran, dass die Zulassung von Impfstoffen in der Europäischen Union schleppend vorangeht, während Großbritannien beim Impfen scheinbar auch vom Brexit profitiert?EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei schuld, heißt es, und sei es nur darum, weil sie die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides nicht gehindert habe, ebenfalls schuld zu sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist ohnehin schuld an allem, das steht so auch in der Stellenbeschreibung für ihren Nachfolger. Schuld sei aber vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), davon sind nicht nur die Zeitungen aus dem Hause Springer überzeugt, sondern auch Teile der SPD. Darauf lässt die brüske Frageliste zur Impfstrategie des Bundes schließen, die die Chefs der SPD-geführten Länder via Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bei Spahn deponierten.Klar, die von Bund und Ländern verantwortete Impfaktion läuft nicht fehlerfrei, und das schließt die Beschaffungsstrategie der EU mit ein. Hätte man im Sommer gewusst, welcher Wirkstoff wann zur Verfügung steht, wäre manche Fehleinschätzung freilich leichter zu verhindern gewesen. Das gilt sinngemäß auch für Fehleinschätzungen zur Wirksamkeit des zarten Lockdowns im Herbst, denen sich manches SPD-geführte Land angeschlossen hat.Die EU bessert jetzt in Verhandlungen mit den Herstellern Biontech und Pfizer nach. Der Weg aus der Pandemie bleibt dennoch beschwerlich, wie die jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern unterstreichen. Schuld daran ist das Virus – das sollte auch 2021, auf der Suche nach der Wählergunst, nicht ganz in Vergessenheit geraten.