Auf Kollisionskurs
Donald Trump hätte vermutlich gerne darauf verzichtet, seine Unterschrift unter das Gesetz über Menschenrechte und Demokratie in Hongkong zu setzen. Denn als Prinzipienreiter ist der Mann nicht bekannt. Das Schicksal der Demokratiebewegung in der ehemaligen britischen Kronkolonie interessiert ihn ebenso wenig wie das der Kurden in Syrien.Als Chip auf dem Verhandlungstisch hätte sich das internationale Interesse an den Massenprotesten in Hongkong nutzen lassen, um den Chinesen mehr Sojabohnen aufzuzwingen. Nun steht der Sonderstatus der chinesischen Sonderwirtschaftszone im Handel mit den Vereinigten Staaten auf dem Spiel. Entwickelt sich Hongkong zu einer chinesischen Stadt wie jede andere, fallen künftig auch Zölle wie im Güterverkehr mit der Volksrepublik an. Die wütenden Reaktionen aus Peking sprechen Bände. Aber nachdem der Kongress das Gesetz schon gutgeheißen hatte, blieb Trump nicht viel anderes übrig, als es abzuzeichnen.Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt, dass sich das Verhältnis zwischen dem Reich der Mitte und den Vereinigten Staaten nicht verbessern würde, wenn Trump das Oval Office räumen müsste. Die vor allem in Europa gern gehörte Mär vom Irren im Weißen Haus, der an allem die Schuld trägt, ist viel mehr Wunsch als Wirklichkeit. In den USA hat man sich von der Idee verabschiedet, dass sich China mit wachsendem Wohlstand zu einer Demokratie und zu einem verantwortungsvollen Akteur auf der Weltbühne entwickeln wird. Der Diebstahl von geistigem Eigentum auf industriellem Niveau verärgert nicht nur sicherheitspolitische Falken. Die Internierungslager für uigurische Muslime haben Empörung ausgelöst. Auf beiden Seiten des politischen Spektrums sieht man die aufstrebende Regionalmacht nicht mehr als Partner, sondern zunehmend als Gegner. China und die USA befinden sich auf Kollisionskurs. Zuletzt versuchte das Japanische Kaiserreich, die Vorherrschaft der Amerikaner über den Westpazifik in Frage zu stellen. Wie das ausging, ist bekannt.Die europäische Politik der Zugeständnisse an Peking – etwa die Unterstützung des imperialen Projekts Neue Seidenstraße – wird von vielen in Washington kritisch gesehen. Wer glaubt, sich bei der heraufziehenden Konfrontation neutral verhalten zu können, macht sich etwas vor. Auch Deutschland wird Position beziehen müssen, obwohl es sich in große Abhängigkeit vom chinesischen Markt begeben hat.