Japan

Aufschwung bleibt weiter stecken

Der kräftige Aufschwung in Japan, der aufgrund der erhofften Eindämmung der Pandemie längst eingesetzt haben sollte, verzögert sich weiter. Laut Analysten springt die Konjunktur wohl erst im vierten Quartal richtig an. Der Grund wirkt paradox:...

Aufschwung bleibt weiter stecken

mf Tokio

Der kräftige Aufschwung in Japan, der aufgrund der erhofften Eindämmung der Pandemie längst eingesetzt haben sollte, verzögert sich weiter. Laut Analysten springt die Konjunktur wohl erst im vierten Quartal richtig an. Der Grund wirkt paradox: Trotz einer erhöhten Impfquote breitet sich das Coronavirus aus, weil private Unternehmen und Verbraucher die staatlichen Maßnahmen gegen Covid-19 ignorieren. Wegen dieses Trends musste die Regierung den seit Monaten geltenden staatlichen Notstand in der Hauptstadt Tokio nun bis Mitte September verlängern, was wiederum die Erholung bremst.

Nach einem Wachstum von 0,8% im laufenden Quartal sagt Capital Economics für das Schlussquartal ein Plus von 1,4% vorher. Erst dann wäre das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. J.P. Morgan prognostiziert für das dritte Quartal ein Wachstum mit einer Jahresrate von 2,0% und für das vierte Quartal von 8,5%. Der Optimismus wird unter anderem von der Erwartung gestützt, dass Premier Yoshihide Suga vor der Parlamentswahl im Herbst ein massives Stimulus-Programm auflegen dürfte.

Die widersprüchliche Pandemie-Lage könnte erklären, warum Japans Wirtschaftsleistung zwischen April und Juni zulegte, aber der Impuls schwach blieb. In diesem Zeitraum kletterte Japans BIP um 0,3% zum Vorquartal bzw. mit einer Jahresrate von 1,3% – und damit doppelt so stark wie japanische Ökonomen wegen des fortgesetzten Corona-Notstandes vorhergesagt hatten. Zudem war es der erste Anstieg seit zwei Quartalen. Zum Jahresauftakt war das BIP noch um 0,9% zum Schlussquartal 2020 geschrumpft.

Zwar mussten Bars und Restaurants zwischen April und Juni ab 20 Uhr schließen und durften keinen Alkohol ausschenken. Aber viele Betriebe hielten sich nicht daran und viele Konsumenten schränkten ihre Aktivitäten nicht ein. Vielmehr steigerten sie ihre Ausgaben um 0,9% zum Vorquartal, nachdem sie im ersten Quartal den Konsum noch um 0,4% verringert hatten. Zweitens erhöhten sie ihre Ausgaben für den Wohnungsbau um kräftige 2,1%. Drittens ignorierten auch private Unternehmen die Corona-Lage und schraubten ihre Kapitalausgaben um 1,7% nach oben. Im Vorquartal hatten sie noch 1,3% weniger investiert. Diese Daten werden allerdings häufig bei der zweiten Schätzung korrigiert, so dass sie mit Vorsicht zu betrachten sind. Trotz eines Exportwachstums von 2,9% verringerte der Außenhandel die Wachstumsrate um 0,3 Prozentpunkte, da die Importe um unerwartet kräftige 5,1% anzogen. Auch die öffentlichen Investitionen enttäuschten mit einem Minus von 1,5% zum Vorquartal.