Neue Konjunktursorgen

Deutscher Auftragseingang bricht ein

10,7% – einen schärferen Auftragsrückgang hat die deutsche Industrie zuletzt in der ersten Coronawelle im April 2020 verzeichnet. Dies schürt Rezessionssorgen, denn im März sind noch andere Indikatoren deutlich schwächer als erwartet ausgefallen.

Deutscher Auftragseingang bricht ein

Auftragseingang bricht ein

Stärkster Rückgang seit der ersten Coronawelle – Schwache Auslandsnachfrage – Rezessionssorgen befeuert

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat vor allem wegen der schwachen Nachfrage aus dem Nicht-Euroraum das erste Quartal mit einem unerwartet kräftigen Auftragsrückgang beendet. Nachdem schon die Einzelhandelsumsätze und die Exportzahlen schwächer als erwartet ausgefallen sind, schürt dies erneut Konjunktursorgen.

Die Auftragseingänge der deutschen Industrie sind im März so stark eingebrochen wie zuletzt während der ersten Coronawelle im Jahr 2020. Dies ruft erneut die Konjunkturskeptiker auf den Plan, nachdem weitere Indikatoren für März deutlich unter den Erwartungen geblieben waren. Insbesondere der beispiellose Zinserhöhungszyklus der Europäischen Zentralbank (EZB), der zudem noch nicht zu Ende ist, dürfte das Wachstum der deutschen Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf dämpfen – ebenso wie die sich verschärfenden Kreditstandards. Im ersten Quartal hatte es gerade mal zu einer Stagnation des Bruttoinlandprodukts (BIP) gereicht.

Vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge ist der Ordereingang im März um 10,7% gegenüber dem Vormonat eingebrochen. „Damit wurde der stärkste Rückgang seit der Hochphase der Corona-Pandemie im April 2020 verzeichnet“, schrieb das Bundeswirtschaftsministerium. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Rückgang um 2,3% gerechnet. Im Februar war mit einem Auftragszuwachs von revidiert 4,5% (zunächst 4,8%) noch das kräftigste Wachstum seit Mitte 2021 verzeichnet worden. Gegenüber März 2022 zeigt sich ein Minus von 11,0%. Im Durchschnitt des ersten Quartals 2023 ergibt sich laut Bundeswirtschaftsministerium damit eine Seitwärtsbewegung (+0,1%) gegenüber dem Vorquartal. „Nach dem schwachen Schlussquartal 2022 und dem volatilen Auftakt 2023 ist für den weiteren Jahresverlauf weiterhin eine konjunkturelle Erholung zu erwarten“, prognostiziert das Wirtschaftsministerium. Wichtige Stimmungsindikatoren würden derzeit ihrem Aufwärtstrend folgen, der im Herbst 2022 begonnen hat.

Ökonomen wenig zuversichtlich

Ökonomen teilen diese positive Einschätzung nicht unbedingt. „Das Ergebnis ist schlicht und ergreifend ein Desaster“, kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Eigentlich hätten die abnehmenden Materialengpässe unterstützen müssen. Laut der jüngsten Ifo-Umfrage klagten im März 41,6% der Firmen über Probleme, im Februar waren es 45,4%. Nachdenklich stimmt Krüger auch, dass die Aufträge ohne Großaufträge stark im Minus sind. Hier hatte Destatis einen Rückgang um 7,7% verzeichnet. „Impulse werden ohnehin noch verlorengehen, da den USA als wichtigem Handelspartner zurzeit die Wachstumspuste ausgeht“, mahnte Krüger. Nicht zuletzt wegen der Krise einiger Regionalbanken rechnen Experten damit, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr in eine Rezession abgleiten wird. Im März fiel insbesondere die Nachfrage aus dem Nicht-Euroraum (–14,8 %), aber auch die Aufträge aus dem Euroraum (–10,8 %) und dem Inland (–6,8 %) haben laut Ministerium spürbar nachgegeben. Die Auslandsaufträge insgesamt sanken um 13,3%.

Einen besonders starken Einfluss hatte im März der Bereich des Sonstigen Fahrzeugbaus, unter den Luft-, Raum-, Schienen- und Militärfahrzeuge sowie Schiffe fallen. Hier folgte ein Minus von 47,4% zum Vormonat einem von umfangreichen Großaufträgen bedingten Anstieg von 55,0% im Februar. Auch die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (–12,2%) fiel laut Destatis stark ins Gewicht.

„Ein Blitz aus heiterem Himmel“: Der an sich gute Start der deutschen Industrie ins laufende Jahr sei nun komplett zunichte und ein echtes Rezessionssignal, warnte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Wenn es nicht noch eine nachgelagerte Erklärung der Statistiker gebe, „wird man die Konjunkturuhren heute neu stellen müssen.“ Ökonomen hatten zuletzt ihre Prognosen erhöht. Die Bundesregierung etwa rechnet mit einem Wachstum von 0,4% in diesem Jahr. Jörg Angelé, Senior Economist beim Vermögensverwalter Bantleon erwartet für das Frühjahr einen ähnlich starken BIP-Rückgang wie zum Jahresende 2022. „Deutschland steckt mithin in einer Rezession.“

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