Auftragsmangel zehrt an Euro-Wirtschaft
Auftragsmangel zehrt an Euro-Wirtschaft
Einkaufsmanagerindex signalisiert Minus von 0,4 Prozent im dritten Quartal
ba Frankfurt
Die Zeichen verdichten sich, dass die Euro-Wirtschaft im dritten Quartal schrumpfen wird. Zwar hat sich die Unternehmensstimmung im September leicht aufgehellt, doch liegt der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft (PMI Composite), also Industrie und Dienstleister zusammen, immer noch auf niedrigem Niveau. Nicht nur, dass die Schwäche der Industrie mittlerweile auch die Dienstleister erfasst hat, das gesamte Neugeschäft brach so stark ein wie seit November 2020 während der Corona-Pandemie nicht mehr. Noch größer fiel allerdings das Minus im Exportneugeschäft aus.
Laune bessert sich unerwartet
Im September stieg der PMI Composite um 0,4 auf 47,1 Punkte und signalisiert "nach wie vor eine starke Kontraktion", wie der Finanzdienstleister S&P am Freitag mitteilte. Bankvolkswirte hatten hingegen einen Rückgang auf 46,5 Zähler prognostiziert. Das Stimmungsbarometer notiert seit mittlerweile vier Monaten unter der 50-Punkte-Schwelle, die Wachstum und Schrumpfung der Wirtschaft trennt. Getragen wird die Stimmungsaufhellung von den Dienstleistern – der entsprechende Index legte 0,5 auf 48,4 Punkte zu. Das Barometer für die Industrie fiel um 0,1 auf 43,4 Punkte. Nachdem der Lagerabbau in der Industrie etwas an Schwung verloren hat, "könnte er in den nächsten Monaten im Einklang mit dem weltweiten Trend seinen Tiefpunkt erreichen", erklärte Cyrus de la Rubia, Chefökonom des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für die Erholung der Industrie, die er für Anfang 2024 erwartet.
Der Stellenaufbau in der Privatwirtschaft, so erklärte S&P weiter, setzte sich im September fort, wenn auch nur äußerst schwach. Und während sich der Anstieg der Einkaufspreise beschleunigte, verlangsamte er sich bei den Verkaufspreisen. De la Rubia zufolge zeigten die beschleunigt steigenden Inputpreise, "dass die EZB das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale weiter genau im Auge behalten muss".
Das vorläufige Umfrageergebnis sieht de la Rubia im Einklang mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal um 0,4% gegenüber dem zweiten Quartal. Ökonomen erwarten mittlerweile, dass die Euro-Wirtschaft im zweiten Halbjahr in die Rezession rutschen, also in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpfen wird. Christoph Weil von der Commerzbank etwa erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nun ihren Konjunkturausblick herunterrevidieren wird. Zuletzt hatten die Euro-Hüter noch erwartet, dass die Rezession vermieden werden kann. "Eine weitere Leitzinsanhebung wird damit immer unwahrscheinlicher", analysiert Weil.
Mittlerweile bremst der Straffungskurs der EZB die Wirtschaft in allen Euro-Ländern, so dass sich die Konjunkturschwäche anders als im Winterhalbjahr 2022/23 nicht auf Deutschland konzentriert. Im September schrumpfte Deutschland erneut, wenn auch in geringerem Ausmaß. Frankreich steckte S&P zufolge "tiefer in der Krise". Hier ging es so stark abwärts wie zuletzt m November 2020. Blieben die Monate der Corona-Pandemie außen vor, war das Minus so groß wie seit zehn Jahren nicht. In den anderen von der Umfrage erfassten Ländern, für die es keine Vorabmeldungen gibt, steht ein "weitgehend konstantes Wachstum" zu erwarten.