Tiefbau boomt, Hochbau schwächelt

Aufwärtstrend in der deutschen Baubranche

Die deutschen Bauaufträge steigen vor allem im Tiefbau, während der Hochbau – insbesondere der Wohnungsbau – Rückgänge verzeichnet. Hohe Zinsen und eine trübe Stimmung belasten die Branche, die dringend politische Unterstützung fordert.

Aufwärtstrend in der deutschen Baubranche

Aufwärtstrend in der deutschen Baubranche

Die deutsche Baubranche konnte in der ersten Jahreshälfte 2024 einen Anstieg bei den Auftragseingängen verzeichnen. Wie das Statistische Bundesamt bekanntgab, stieg der inflationsbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe von Januar bis Juni um 1,9% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders positiv entwickelten sich die Aufträge im Juni: Hier legten sie gegenüber dem Vormonat um 2,7% und gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,2% zu.

Unterschiedliche Entwicklungen in Hoch- und Tiefbau

Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass sich die Bereiche der Bauindustrie unterschiedlich entwickeln. Der Tiefbau, zu dem der staatlich geförderte Straßenbau gehört, verzeichnete im ersten Halbjahr einen kräftigen Anstieg der Aufträge um 6,8%. Im Hochbau bleibt die Lage angespannt: Die Auftragseingänge gingen real um 3,1% zurück. Hier ist besonders die Entwicklung im Wohnungsbau besorgniserregend. Die Auftragseingänge sanken um 5%, während die Umsätze um über 12% einbrachen.

Trotz gestiegener Auftragseingänge musste das Bauhauptgewerbe in den ersten sechs Monaten des Jahres einen Umsatzrückgang von 1,0% hinnehmen, inflationsbereinigt sogar um 2,3%.

Wohnungsbau bleibt Problemkind der Branche

René Hagemann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, äußerte sich besorgt: „Die ausgebliebenen Baugenehmigungen fehlen nun als Aufträge in den Büchern der Bauunternehmen. Die Klagen über Wohnraummangel und steigende Mieten werden somit nicht abreißen, sondern lauter werden.“

Auch die Zahl der Beschäftigten sank leicht um 0,3%. Die Stimmung unter den Bauunternehmen ist weiterhin gedrückt: Das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe lag laut einer Umfrage des Ifo-Instituts im Juli bei minus 26,0 Punkten. „Die Unternehmen beurteilten ihre Geschäftslage schlechter, und die Erwartungen bleiben von deutlichem Pessimismus geprägt“, erklärte das Ifo-Institut.

Hohe Zinsen erschweren die Lage

Erschwerend für die Branche wirken sich die hohen Zinsen aus, mit denen die EZB die Inflation bekämpfen will. Diese Zinsen belasten insbesondere den Wohnungsbau, da viele Projekte für Bauherren unrentabel werden. Zwar hat die EZB ihren Leitzins im Juni gesenkt, doch Experten erwarten erst mit Verzögerung eine positive Wirkung auf die Baubranche.

Branchenforderungen nach politischen Maßnahmen

Angesichts der aktuellen Lage fordert die Bauindustrie verstärkte politische Unterstützung. Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, sieht die Politik in der Pflicht: „Die heutigen Zahlen sollten ein Weckruf sein.“ Auch Hagemann fordert schnelle Maßnahmen: „Es muss jetzt endlich einen Ruck auf allen politischen Ebenen geben. Neben einer vereinfachten Genehmigungspraxis sind auch schnellere Bebauungspläne und eine Anpassung der Bauordnungen notwendig, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln.“

dh Frankfurt
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