LEITARTIKEL

Aus dem Schatten

Die Verantwortlichen in Euroland haben einen Traum: Der Euro soll dem Dollar als Weltleitwährung Konkurrenz machen - wenn nicht gar ihn ablösen. Anfang Dezember will die EU-Kommission konkrete Vorschläge vorlegen, wie das gelingen kann. Der Wunsch...

Aus dem Schatten

Die Verantwortlichen in Euroland haben einen Traum: Der Euro soll dem Dollar als Weltleitwährung Konkurrenz machen – wenn nicht gar ihn ablösen. Anfang Dezember will die EU-Kommission konkrete Vorschläge vorlegen, wie das gelingen kann. Der Wunsch nach einer stärkeren Rolle für den Euro ist völlig verständlich und der Anspruch in vielerlei Hinsicht absolut richtig. Aber das klappt sicher nicht par ordre du mufti – und es sollte auch nicht vergessen werden, dass der Status nicht nur Privileg ist. Europa muss aufpassen, was es sich wünscht.Schon bei der Euro-Einführung war ein Motiv, die Allmacht des Dollar zu brechen und den Euro als mindestens ebenbürtig zu etablieren. Davon aber ist die Gemeinschaftswährung Lichtjahre entfernt. Das gilt für die weltweiten Devisenreserven wie für globale Finanztransaktionen und den internationalen Handel. Selbst europäische Firmen bezahlen etwa europäische Flugzeuge meist in Dollar. Kein Wunder, dass das in Europa übel aufstößt – zumal in Zeiten, in denen sich Europa von den USA emanzipieren will. Die Dominanz des Dollar gilt zudem schon länger als Problem, weil die Möglichkeit der USA, sich leicht verschulden zu können, als eine Ursache für die vielen Finanzkrisen seit den 1970er Jahren gesehen wird. Immer wieder haben die USA die Währung auch als Waffe für politische Zwecke eingesetzt. US-Präsident Donald Trump aber ist da besonders skrupellos – wie der Atomstreit mit dem Iran beweist. Europa will und muss mehr Verantwortung in der Welt übernehmen – und eine stärkere Rolle des Euro gehört dazu.Die Vormachtstellung des Greenback lässt sich aber nicht im Handstreich oder per Akklamation brechen. Größe, Stabilität, Liquidität und Sicherheit – das sind zentrale Faktoren für eine Weltleitwährung. Die Dominanz des Dollar hat viel mit dem Status der USA als weltgrößter Volkswirtschaft zu tun. Viele Akteure sehen auch keine Alternative zur Sicherheit und Liquidität des US-Staatsanleihemarkts. Und schließlich sind die USA seit dem Zweiten Weltkrieg auch die vorherrschende politische Supermacht. Das alles heißt nicht, dass der Nimbus des Dollar unantastbar ist – erst recht, wenn Trump gleichzeitig das Vertrauen in den Dollar untergräbt. Will Europa den Euro zu einer wahren Konkurrenz zum Dollar machen, braucht es aber eine wahre Kraftanstrengung.Wenn nun in Brüssel beispielsweise überlegt wird, Lieferverträge für Öl und Gas auf Euro umzustellen, ist das sicher eine Option – insbesondere da China und Russland im Frust über Trumps USA ähnliche Ideen hegen. Das reicht aber nicht. Entscheidend wird sein, dass die Euro-Wirtschaft weiter wächst und international an Gewicht gewinnt. Dazu braucht es auch entschlossene Reformen und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Nötig ist auch eine stärkere Integration der Euro-Kapitalmärkte. Dazu braucht es weitere Fortschritte bei der Bankenunion und speziell der Kapitalmarktunion. Vor allem aber gilt es, das internationale Vertrauen in den Euro zu stärken – das mit der Schuldenkrise arg gelitten hat. Dafür müssen die internen Diskrepanzen überwunden werden und es bedarf einer sinnvollen Vertiefung der Währungsunion. Der Leitgedanke muss eine Rückbesinnung auf eine stabilitätsorientierte Politik sein. Verschuldungsorgien à la Italien erhöhen sicher nicht die Attraktivität des Euro.Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass eine Weltleitwährung nicht nur Nutzen bringt, sondern auch mit Kosten einhergeht. Der Status sichert einem Land ohne Frage einen begünstigten Zugang zu den globalen Finanzmärkten und Abnehmer für die eigenen Schuldtitel. Zudem ist sie ein Zeichen der Stärke und im Krisenfall gilt das Land als “sicherer Hafen”. Aber es gibt auch ungewollte Nebeneffekte. So führt eine größere Nachfrage nach einer Währung im Ausland zu einer Aufwertung – was Exporte verteuert. Vor allem aber wächst die internationale Verantwortung. Das gilt auch für die Zentralbank. Die US-Notenbank bestimmt fast wie eine Art Weltzentralbank über Wohl und Wehe vieler Volkswirtschaften mit – wie die Schwellenländerkrise bewiesen hat. Bei einem Aufstieg des Euro stünde auch die EZB noch viel stärker global in der Pflicht.—–Von Mark SchrörsGemessen am Gewicht der Euro-Wirtschaft fristet der Euro ein Schattendasein. Brüssel will das ändern. Das geht aber nicht per Dekret und es birgt auch Risiken.—–