Außenhandel belebt sich
Die Außenhandelszahlen vollenden den Datenkranz für Mai und deuten eine wirtschaftliche Belebung an. Dafür spricht auch der zunehmende Lkw-Verkehr. Von den gesunkenen Insolvenzzahlen sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen.ba Frankfurt – Die Lockerungsmaßnahmen im Zuge der rückläufigen Coronafallzahlen spiegeln sich in den jüngsten Konjunkturdaten positiv wider und schüren die Hoffnung, dass sich die deutsche Wirtschaft auf dem Erholungspfad befindet. Der zunehmende Lkw-Verkehr lässt eine steigende Industrieproduktion erwarten, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht hat mit zu sinkenden Insolvenzzahlen geführt und auch die Exporteure haben im Mai zumindest einen Teil des durch Corona bedingten Einbruchs der vergangenen Monate wieder wettgemacht. Von Normalität allerdings kann noch keine Rede sein, da sich die Lieferketten nur langsam wieder normalisieren und die Entwicklung der Coronavirus-Lage in den Exportmärkten sehr unterschiedlich verläuft.Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden im Mai Waren im Wert von 80,3 Mrd. Euro exportiert. Das sind saisonbereinigt 9 % mehr als im April, der von Ökonomen als konjunktureller Tiefpunkt gesehen wird. Die Importe von 73,2 Mrd. Euro entsprechen einem Plus von 3,5 % zum April. Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank sind hinter den Zuwächsen der Exporte und Importe “aber auch wieder besser funktionierende Logistikketten zu sehen”. Das zähle, und nicht ob die Erwartungen getroffen würden – in diesem Fall hatten Ökonomen im Monatsvergleich mit einem Plus von 14,0 % bei den Aus- und von 12,4 % bei den Einfuhren gerechnet. Noch ein weiter WegDer Vergleich zu Februar – dem letzten von der Corona-Pandemie unberührten Monat – zeigt, welch weiten Weg zurück zur Normalität der Außenhandel noch vor sich hat: Den Wiesbadener Statistikern zufolge nahmen die Exporte im Mai nach diesem Maßstab kalender- und saisonbereinigt um 26,8 % ab, die Importe um 18,2 %. Im Jahresvergleich liegt das Niveau der Exporte um 29,7 % unter dem von Mai 2019, bei den Importen sind es -21,7 %. “Die Krise ist damit bei Weitem nicht überwunden”, mahnte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI. “Die schwerste Rezession in der Geschichte der EU wird die deutschen Ausfuhren überdurchschnittlich schwer treffen.” Derzeit landeten zwei Drittel der deutschen Exporte im europäischen Binnenmarkt. Auch Ines Kitzing, erste Vizepräsidentin des Außenhandelsverbandes BGA, warnte, dass der Welthandel noch geraume Zeit benötigen werde, “um nach den Grenzschließungen, Störungen in der Logistik und Unterbrechungen in der Lieferkette das alte Niveau wieder zu erreichen”.Vor allem das Geschäft mit den besonders stark vom Coronavirus betroffenen Absatzmärkten kam zum Erliegen: Laut Destatis wurde in das Vereinigte Königreich 46,9 % weniger exportiert als im Mai 2019. In die USA gingen 36,5 % weniger Waren. Das Minus bei den Ausfuhren nach China lag bei 12,3 %. In die Eurozone wurden 29,1 % weniger Waren ausgeführt.Für einen Hoffnungsschimmer sorgt der steigende Lkw-Verkehr: Laut Destatis hat die Fahrleistung der mautpflichtigen Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen im Juni um 4,7 % zum Vormonat zugelegt. Da wirtschaftliche Aktivität Verkehrsleistung erzeugt und benötigt, besteht ein enger Zusammenhang zur Konjunkturentwicklung – die zuvor veröffentlichten Daten zu Auftragseingang und Industrieproduktion für Mai deuten eine Belebung des verarbeitenden Gewerbes an und Ökonomen erwarten für Juni weitere Zuwächse. Allerdings liegt der Lkw-Verkehr ebenfalls noch unter dem Vorkrisenniveau: Zum Vorjahr sind es -3,8 %, zum Februar -6,6 %.Wegen der ausgesetzten Insolvenzpflicht spiegeln die entsprechenden Daten die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Coronakrise noch nicht wider, mahnt Destatis. Im April meldeten die hiesigen Amtsgerichte 1 465 Unternehmensinsolvenzen, das sind 13,3 % weniger als im Vorjahr. Die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren nahm im Juni um 8,6 % im Jahresvergleich ab. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter (VID) warnt vor einem deutlichen Anstieg der Firmenpleiten. Auch Ökonomen erwarten im Herbst eine Insolvenzwelle.