DIE ÖKONOMISCHE ORDNUNG ZERBRICHT

Australien zwischen Asien und dem Westen

Das Land als Mittler in konfliktträchtigeren Zeiten

Australien zwischen Asien und dem Westen

Von Alexander Hofmann, SydneyAustraliens Position im Pazifik ist schon seit jeher Anknüpfungspunkt für Debatten über seine Rolle in dieser Region. Zu Beginn der europäischen Besiedlung des fünften Kontinents vor knapp 230 Jahren war der Blick der Bewohner zunächst ausschließlich aufs Mutterland England ausgerichtet. Chinesische Goldgräber sorgten dann für den ersten asiatischen Einfluss. Das ging aber nicht immer gut. Angst vor der “gelben Gefahr” und teils unterschwelliger, teils offener Rassismus zeigten sich. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts gaben die Australier ihre rassistische Einwanderungspolitik auf, die wesentlich gegen Asiaten ausgerichtet war.Seitdem haben vor allem wirtschaftliche Beziehungen das Verhältnis zu Asien verändert. Zuerst waren es die Japaner, die vermehrt australische Rohstoffe einkauften, dann kamen die Chinesen. Eisenerz und Kohle konnten kaum so schnell gefördert und verladen werden, wie es im rapide wachsenden China verbraucht wurde. Heute ist China mit Abstand der bedeutendste Handelspartner Australiens. Chinesischer Tourismus wird immer wichtiger.Gleichzeitig stieg die Zahl der asiatischen Studenten an australischen Universitäten rapide an. Das stellt heute ein Millionenbusiness dar. Neben dem direkten wirtschaftlichen Profit daraus dürfte sich das auch für die weitere Entwicklung auszahlen, wenn die Studenten von heute mit ihrer speziellen Bindung zu Australien die Einflussreichen von morgen werden.Zudem hat Australien neben dem traditionellen Band zu Großbritannien auch ein besonders enges Verhältnis zu den USA. Dies zeigt sich etwa daran, dass der derzeitige australische Botschafter in Washington, Joe Hockey, noch bis vor kurzem Finanzminister war. Seit dem Ersten Weltkrieg sind die Australier gemeinsam in jeden Krieg mit den Amerikanern gezogen. Manche australischen Politiker sehen ihr Land daher als eine Art US-Sheriff in Südostasien.Diese Rolle in der Mitte zwischen der Weltmacht USA und dem aufstrebenden China hat allerdings zuletzt zu manchem diplomatischen Eiertanz geführt. Die Unterstützung der Australier für die US-Position im Südchinesischen Meer etwa ist in Peking mit Verärgerung aufgenommen worden. Und in der Finanzwelt sieht sich Sydney als direkter Konkurrent Singapurs und Hongkongs.Ein Pfund, mit dem Australien wuchern kann, sind die vielen Einwanderer aus Asien. Waren es zunächst Vietnamesen, die dem Krieg in ihrer Heimat entflohen, kommen jetzt mehr und mehr Einwanderer aus anderen asiatischen Ländern. Ihre Kenntnisse sowohl der Kultur ihrer Herkunftsländer als auch des westlichen Australien machen sie zu idealen Mittlern. Viele Unternehmen schätzen die geografische Lage inzwischen, die sie einst noch als nachteilig empfunden hatten. Denn die abseitige Lage ist prädestiniert dazu, den Handel zwischen unterschiedlichen kulturellen Sphären auf dem Kontinent zusammenzuführen.