DAS EZB-URTEIL DES BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS - DOKUMENTATION

Auszüge aus der Karlsruher Begründung

Börsen-Zeitung, 22.6.2016 Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden und das Organstreitverfahren gegen das OMT-Programm der EZB für teilweise unzulässig und ansonsten für unbegründet zurückgewiesen. Nachstehend einige Kernsätze aus der Mitteilung...

Auszüge aus der Karlsruher Begründung

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden und das Organstreitverfahren gegen das OMT-Programm der EZB für teilweise unzulässig und ansonsten für unbegründet zurückgewiesen. Nachstehend einige Kernsätze aus der Mitteilung des Gerichts. *”Mit der in Art. 23 Abs.1 Satz 2 GG enthaltenden Ermächtigung, Hoheitsrechte auf die Europäische Union zu übertragen, billigt das Grundgesetz auch die Einräumung eines Anwendungsvorrangs zugunsten des Unionsrechts.” *”Die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt darf (…) durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen auf die europäische Ebene nicht entleert werden. Eine Ausübung öffentlicher Gewalt durch Organe, Stellen und sonstige Einrichtungen der Europäischen Union, die nicht über eine hinreichende demokratische Legitimation durch das im Zustimmungsgesetz niedergelegte Integrationsprogramm verfügt, verletzt daher den Grundsatz der Volkssouveränität (…)” *”Die Auffassung des (Europäischen) Gerichtshofs, der Grundsatzbeschluss über das OMT-Programm sei kompetenzgemäß und verstoße nicht gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung, bewegt sich noch innerhalb des dem Gerichtshof erteilten Mandats (…)” *”In der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung verstoßen der Grundsatzbeschluss über die technischen Rahmenbedingungen des OMT-Programms und dessen mögliche Durchführung auch nicht offensichtlich gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung.” *”Anders als der Senat (des BVerfG) hinterfragt der Gerichtshof die angegebenen Ziele zwar nicht und beurteilt die Indizien, die aus Sicht des Senats gegen die behauptete Zielsetzung sprechen, jeweils isoliert, anstatt sie auch in ihrer Gesamtheit zu bewerten. Dies kann jedoch noch hingenommen werden, weil der Gerichtshof die vom Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 14. Januar 2014 für möglich gehaltene einschränkende Auslegung des Grundsatzbeschlusses der Sache nach auf Ebene der Kompetenzausübung vorgenommen hat.” *”(…) darf sich die Bundesbank an der Durchführung des Programms nur beteiligen, wenn und soweit die vom Gerichtshof aufgestellten Maßgaben erfüllt sind, das heißt wenn- Ankäufe nicht angekündigt werden,- das Volumen der Ankäufe im Voraus begrenzt ist,- zwischen der Emission eines Schuldtitels und seinem Ankauf durch das ESZB eine im Voraus festgelegte Mindestfrist liegt,- die verhindert, dass die Emissionsbedingungen verfälscht werden,- nur Schuldtitel von Mitgliedstaaten erworben werden, die einen ihre Finanzierung ermöglichenden Zugang zum Anleihemarkt haben,- die erworbenen Schuldtitel nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden und- die Ankäufe begrenzt oder eingestellt werden und erworbene Schuldtitel wieder dem Markt zugeführt werden, wenn eine Fortsetzung der Intervention nicht erforderlich ist.” *”Bundesregierung und Bundestag sind aufgrund der ihnen obliegenden Integrationsverantwortung (…) verpflichtet, eine etwaige Durchführung des OMT-Programms dauerhaft zu beobachten. Diese Beobachtungspflicht ist nicht nur darauf gerichtet, ob die oben formulierten Maßgaben eingehalten werden, sondern auch darauf, ob insbesondere aus dem Volumen und der Risikostruktur der erworbenen Anleihen (…) ein konkretes Risiko für den Bundeshaushalt erwächst.”—-Zusammenstellung: lz